Chorsinfonik der Champions League

Grosse Klangpracht entfalten sowohl die «Coronation Anthems» von Händel, die «Missa votiva» von Zelenka und die Grosse Messe c-Moll von Mozart. Sie alle liegen in bemerkenswerten Neuausgaben vor.

Foto: Karin Schmidt/pixelio.de
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Als Teamplayer kennen viele Chorleiterinnen und -leiter selbstverständlich auch die Champions-League-Eröffnungsmusik, welche Zadok the Priest (HWV 258) aus den Coronation Anthems von Georg Friedrich Händel als offizielle Hymne benutzt. Neben diesem intensiven, 6-minütigen Werk erschien nun beim Bärenreiter Verlag auch The King shall rejoice (HWV 260, Dauer ca. 12 Minuten) im Urtext der Hallischen Händel-Ausgabe. Händel schrieb die festlichen, reich orchestrierten und prunkvollen vier Coronation Anthems (Gesamtdauer ca. 40 Minuten) anlässlich der Krönung Georges des Zweiten 1727 in London. Ihre überwältigende Klangpracht umschrieb der englische Musikforscher und Zeitgenosse Charles Burney einst ebenso treffend wie flapsig als «grossen Wauwau-Stil». Es ist zu hoffen, dass die anderen beiden, weniger bekannten Anthems auch bald in einer so fantastischen Neuausgabe (Orchestermaterial, Klavierauszug und Partitur) erscheinen, um Oratorienchören weitere Alternativen zum altbekannten Messias zu geben.

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Mit der Missa votiva des leider viel zu wenig aufgeführten Bach-Zeitgenossen Jan Dismas Zelenka erschien im Verlag Breitkopf & Härtel eine weitere sehr empfehlenswerte Urtext-Ausgabe. Das Aufführungsmaterial basiert auf den wissenschaftlich-kritischen Ausgaben der Reihe Das Erbe deutscher Musik, aus der auch das informative Vorwort und der Kritische Bericht stammen. Zelenkas Messen sind spektakuläre Prachtstücke barocker Chorliteratur, die in ihrer farbenfrohen Vielfalt den Werken Johann Sebastian Bachs wirklich in nichts nachstehen. Gerade für ambitionierte Kammerchöre, die oratorisch etwas Besonders suchen, ist diese 70-minütige Messe mit ihrer schlanken Orchesterbesetzung (2 Oboen, Streicher und Basso continuo) der ideale Fund.

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Die berühmte Grosse Messe c-Moll (KV 427) von Wolfgang Amadeus Mozart reiht sich ohne Zweifel ein in eine musikgeschichtliche Linie zwischen Bachs h-Moll Messe und Beethovens Missa solemnis. Sie ist in diesem Jahr beim Carus-Verlag in einer vorbildlichen Neuedition erschienen. Leider blieb das Opus als Mozarts persönlichste und am grössten angelegte Messe unvollendet und hat als Torso seitdem viele Rätsel aufgegeben. Deshalb gab es im Laufe ihrer Rezeptionsgeschichte zahlreiche Versuche, das Fragment zu ergänzen, zu bearbeiten und sogar weiterzukomponieren.

Nun haben sich der Musikwissenschaftler Uwe Wolf vom Carus-Verlag und der bekannte Dirigent Frieder Bernius zusammengetan und eine Fassung geschaffen, die neue Massstäbe setzt in einer – leider viel zu selten praktizierten – kongenialen Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis. Mit grossem Respekt vor den vorhandenen Quellen setzt diese Neuausgabe die Tradition der Fassungen von Eder, Beyer und Maunder fort, dem Torso keine neuen Messesätze hinzuzufügen, sei es durch das sogenannte Parodieverfahren oder Eigenkompositionen, wie in den Fassungen von Wilby, Levin oder Koopman. Besonders erfrischend sind die neu dazugekommenen Trompeten und Pauken im Credo und die Neuordnung und behutsame Korrektur der Kontrapunktik im Osanna. Neben dem gesamten Aufführungsmaterial erscheint auch ein elegantes Faksimilebeiheft zur besseren Zuordnung der Ergänzungen/Bearbeitungen und eine hervorragende CD-Einspielung mit dem Kammerchor Stuttgart unter Bernius (Carus CD 83.284).

 

Georg Friedrich Händel: Zadok the priest. Coronation Anthem HWV 258, hg. von Stephan Blaut; Partitur BA 10258, € 14.95; Klavierauszug BA 10258-90, € 4.95; Bärenreiter, Kassel 2016

Id.: The King shall rejoice; Partitur BA 10259, € 24.95; Klavierauszug BA 10259-90, € 10.95

Jan Dismas Zelenka: Missa votiva ZWV 18, hg. von Reinhold Kubik; Partitur PB 5577, € 89.00; Klavierauszug EB 8053, € 19.90; Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2016

Wolfgang Amadeus Mozart: Missa in c KV 427, ergänzt und hg. von Frieder Bernius und Uwe Wolf, Partitur CV 51.651/00, € 85.00; Klavierauszug CV 51.651/03, € 16.00; Faksimilebeiheft CV 51.651/02, € 29.80; Carus, Stuttgart 2017

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