Rahmenbedingungen des Musikunterrichts

Im Vordergrund der diesjährigen D_A_CH-Tagung von AGMÖ, DTKV und SMPV in Ossiach stand die Frage nach der Verschränkung von Schule und Musikschule, sowie die Einbindung der Instrumental- und Gesangspädagogik ins Bildungssystem. Ganztagesstrukturen an Schulen sind eine Herausforderung für den Instrumental- und Gesangsunterricht

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Die sukzessive Einführung von ganztägigen Betreuungsformen an öffentlichen Schulen entspricht heute weithin einem gesellschaftlichen Bedürfnis und bedeutet einen tiefgreifenden Wandel für die gesamte Bildungslandschaft. In besonderem Mass davon betroffen ist der Musikunterricht an Musikschulen, sowie der private Musikunterricht. Denn je mehr Raum die öffentliche Schule im Leben der Schülerinnen und Schüler beansprucht, desto anspruchsvoller wird es, andere Bildungsaktivitäten – inhaltlich und zeitlich – mit ihr zu vereinbaren. Koordiniert werden müssen zum Beispiel unterschiedliche pädagogische Formen, Einzelunterricht und Gruppenunterricht und nicht zuletzt unterschiedliche institutionelle Formen und Kulturen. So wie es nicht nur ein Ganztagsschul-Modell gibt, gibt es auch im Bereich der Kooperation nicht eine Lösung, sondern eine Vielfalt von Ansätzen. Die Diskussion darüber ist in Österreich, Deutschland und in der Schweiz im vollen Gange. Am weitesten gediehen hinsichtlich der Erörterung verschiedener Kooperationsmodelle zwischen Volksschule und Musikschulen ist die Diskussion in Österreich, wo diese etwa im Rahmen der BAGME (Bundesarbeitsgemeinschaft Musikerziehung im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur) stattfindet. Dass das Niveau der Diskussion und die Berücksichtigung musikpädagogischer Spezifika hier durchaus Vorbildcharakter für die Nachbarländer besitzt, wurde deutlich in Beiträgen zur Kooperation von Schule und Musikschule auf der Primarstufe (Peter Röbke), zu «komplexen Wirkungsnetzen des Musiklernens» (Gerhard Hofbauer) und zu den Herausforderungen, die sich für Musikschulen durch ganztägige Schulmodelle stellen (Michael Seywald). Einen Blick auf die Situation in der Schweiz warfen Werner Schmitt und Gerhard Müller anhand früherer und aktueller Ansätze der Musikschule Konservatorium Bern zur Talentförderung. Beispiele ergänzender ausserschulischer musikalischer Bildungsangebote und -plattformen, die natürlich ebenfalls ganz entscheidende musikalische Impulse vermitteln können, lieferten darüber hinaus ein Rückblick auf die Geschichte des Carinthischen KinderSommers (ein nachhaltiges künstlerisch-pädagogisches Projekt im Rahmen eines grossen Klassikferstivals, Gerda Fröhlich), sowie ein Portrait der Bundesmusikakademie Rheinsberg/D Quartersounds(Ulrike Liedtke). Vorderhand noch Zukunftsmusik ist das Projekt einer Kunstschule Zentralschweiz mit besonderer Begabtenförderung (Urs Vogel).

Kontinuierliche Teilhabe am politischen Prozess unerlässlich

Die Schlussdiskussion brachte ein in allen drei Ländern vorhandenes Unbehagen über die oftmals geringe Priorität zum Ausdruck, welche politische Entscheidungsträger im Zuge bildungspolitischer (Reform-)Projekte musikpädagogischen Problemen regelmässig einräumen («das Ohr der Politik ist häufig weit von uns entfernt»). Es wurde deutlich, dass die Musikverbände sich in Zukunft noch stärker in den politischen Prozess einbringen und auch durchaus konkrete Forderungen an zuständige Behörden richten müssen, statt sich nur fallweise einzubringen oder sich gar nach Rückschlägen von der Politik abzuwenden. Angeführt wurde in diesem Zusammenhang auch der schweizerische Verfassungsartikel «musikalische Bildung», dessen Umsetzung die Verbände trotz glänzendem Abstimmungsergebnis kaum weniger fordert als der vorangegangene Abstimmungskampf.

Musikalische Bildung soll so früh wie möglich einsetzen

Gleichzeitig wurde ein übergeordnetes Problem in der Verankerung von Musikpraxis und musikalischer Bildung in der Gesellschaft geortet. Schon bei der jetzt 30-45 Jahre alten Elterngeneration sei häufig eine Musikferne zu beobachten, vor allem was die klassische E-Musik betrifft. Weil die musikalische Bildung auch nicht erst in Kindertagesstätten stattfinden kann, im Gegenteil schon zu Hause in der Familie einsetzen müsste, wären nun eben auch die Eltern Auszubildende – was beispielsweise durch Angebote wie Eltern-Kind-Singen geleistet werden kann. Insgesamt zeigte die Runde sich zuversichtlich, dass kommende SchülerInnen-Generationen wieder vermehrt und dauerhaft für das aktive Musizieren gewonnen werden können. Das glänzende Abendkonzert «Alle Neune!! Plus eins (=Südtirol)» (Österreichische Landesjugendchöre) dürfte zu dieser Zuversicht beigetragen haben.

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