1 Feuerwerk und 2–3 Nischen

Mit einem farbigen musikalischen Feuerwerk wurde der Wettbewerb 2022 abgeschlossen. Für 2023 gibt es mindestens zweieinhalb neue Formate zu entdecken.

Heinrich Baumgartner — Ein buntes musikalisches Feuerwerk auf extrem hohem Niveau wurde am 1. Mai im Grossen Saal von Musikschule Konservatorium Zürich an der Florhof-gasse zum Abschluss der diesjährigen Ausgabe des Schweizerischen Musikwettbewerbs gezündet.

Neunundzwanzig Einzel- und Ensemble-Preisträger*innen aus allen vier Alterskategorien brachten in einem so ausführlichen wie abwechslungsreichen Programm Musik von Haydn bis Wieniawski, von Saint-Saëns bis Schubert, von Karg-Elert bis Brahms, von Piazzolla bis Bach, aber auch viel Musik aus dem 20. Jahrhundert – teils Musik für den Unterricht komponiert, aber durchaus konzerttauglich – von Keiko Abe, Gene Koshinski, Deborah Henson-Conant, Felix Holler, Greg Pattillo, Gilles Silvestrini, Fuminori Tanada und die Eigenkomposition eines elfjährigen Wettbewerbteilnehmers zur Aufführung.

Zwischen dem ersten Satz eines Haydn-Streichquartetts, das den Marathon eröffnete und dem Geiger, der mit einer feurigen Paraphrase über Rossini’s Barbier von Sevilla vier Stunden später das Publikum in bester Laune in den sonnigen Sonntag-Nachmittag entliess, formte Musik auf dem Klavier, der Blockflöte, der Harfe, dem Fagottino, dem Kontrabass, dem Marimbaphon, der Snare Drum, der Klarinette, der Querflöte, dem Sopransaxophon, der Oboe und dem Englischhorn sowie ein Sänger zu einem Programm mit vielen Überraschungen und durchwegs hohem künstlerischem Niveau. Zur guten Atmosphäre beigetragen hat auch der leckere Apero, der zwischen den beiden Programmhälften Publikum, Auftretende und Helfer*innen erwartete.

Obwohl in diesem Feuerwerk auch ein Blues auf der Keltischen Harfe nicht fehlte und eine Preisträgerin auf der Querflöte beatboxte, Solostücke für Snare Drum und Marimbaphon im landläufigen Sinn wenig «klassisch» klangen, handelte es sich bei diesem Konzert um das «Finale Classica». Auf der Startseite der Homepage des Musikwettbewerbs steht «Classica» zwar zu oberst, «Jazz & Pop», «Free Space» und «Composition» stehen aber gleich gross daneben.

Dies bildet allerdings für das Finale des Wettbewerbs nicht ganz die tatsächlichen Verhältnisse ab: Neben den hunderten von Anmeldungen im Bereich Classica, gingen bei den Kompositionen gerade mal ein Dutzend Werke ein, bei Free Space und Jazz & Pop meldeten sich noch weniger an. An den Bedingungen kann es nicht gelegen haben. Am Finale des Bereichs Jazz& Pop wurden am 9. April im BeJazz-Club in Bern drei Acts präsentiert, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Ein Kontrabassist gestaltete zusammen mit seiner Sampling-Machine einen Soloauftritt eines Thelonious Monk-Tunes von erster Güte. Darauf war der Popsong einer Teilnehmenden zu hören, die ihn stimmlich berührend darbot und sich am Klavier selber begleitete. Zum Abschluss trat nochmals der Kontrabassist auf, allerdings diesmal als Teil einer achtköpfigen Band, die Standards und eine Ballade des Bassisten vortrugen und auch ausführlich Raum für Improvisationen nutzten. Trotz der wenigen Teilnehmenden wirkte der Anlass weniger wie ein Wettbewerb, als wie ein reguläres Konzert in einem Jazzclub. Durch die Zusammenarbeit mit der Musikschule Bern waren die Vorspiele des Musikwettbewerbs, die unter dem Titel Come Together stattfanden, gut eingebettet.

Die Vorspiele von Free Space und Komposition fanden am 29. April in der Aula des Schulhauses Hirschengraben in Zürich statt. Und auch hier war viel Erstaunliches und Erfreuliches zu hören und zu erleben. Von der freien Improvisation am Klavier über die erstaunlich konzisen Klavierstücke mit klingenden Namen wie Tropfsteinhöhlen, Himmelsleiter oder Die wundersame Welt der Elfen und Trolle frisch und virtuos vorgetragen von den Komponierenden bis zum Musiktheater mit fünf Mitwirkenden, die unter dem Titel L’escargot furieux einen Mix aus Nino Rota, Chanson und französischem Rap mit einer Prise Zappa darbrachten. Eröffnet wurde das Free Space-Vorspiel durch ein Stück für zehn Trompetenspielende, die ihr Stück inmitten des Publikums darbrachten.

Jazz&Pop und Free Space& Komposition sind zwei spannende neue «Spielfelder», zwei Nischen des Schweizerischen Musikwettbewerbs, die durchaus das Potential haben, den gesamten Wettbewerb weiterzuentwickeln. Die Komposition eines jungen Teilnehmenden hat es ins Programm des klassischen Finals geschafft und ist neben den anderen Programmpunkten absolut nicht abgefallen. Voraussetzung dass diese spannenden Gefässe ihr volles Potential ausschöpfen können, ist dass sie jeden Berührungspunkt mit dem Klassik-Bereich zum Austausch nutzen, und das ist erst möglich, wenn diese Gefässe bei Teilnehmenden wie auch bei den Lehrpersonen bekannter und beliebter werden. Idee und Teilnahmebedingungen sind auf der Internetseite des Wettbewerbs beschrieben. Bei Fragen hilft auch gerne die Geschäftsstelle weiter.

Das könnte Sie auch interessieren