15 Jahre Helvetiarockt

Von der Nachwuchsförderung zur Unterstützung von professionellen Musikschaffenden: Die Angebote von Helvetiarockt sind divers. Ein Überblick.

Seit 2009 setzt sich der schweizweit aktive Verein Helvetiarockt für mehr Frauen, inter, non-binäre, trans und agender Menschen im Schweizer Musikbusiness ein. Obwohl gefühlt mittlerweile mehr Diversität auf den hiesigen Club- und Festivalbühnen vertreten ist als damals: Helvetiarockt ist noch lange nicht am Ziel. Während in den Musikschulen nach Schätzungen rund 50 % Mädchen aktiv sind, findet sich im professionellen Bereich auf allen Ebenen kaum Geschlechtergerechtigeit, wie eine Vorstudie zu den Geschlechterverhältnissen im Schweizer Kulturbetrieb von Pro Helvetia und dem Zentrum für Gender Studies der Universität Basel im Jahr 2019 offenbarte. Die Studie geht zwar vom gelesenen Geschlecht und von einem zweigeschlechtlichen System aus, wobei sich Helvetiarockt explizit auch für inter, non-binäre, trans und agender Personen einsetzt. Nichtsdestotrotz kann von einem ausgeglichenen Anteil an Frauen und Männern keine Rede sein. Im Rock-, Pop- und Jazzbereich macht die Bühnenpräsenz von Frauen 11 % aus, in der Musikproduktion sind es gerade mal 2 % und an Schweizer Musikhochschulen sind nur 12 % der Lehrpersonen Frauen.

Der Blick zurück

Diesen Missständen wirkt Helvetiarockt nun bereits seit 15 Jahren entgegen. Mit mittlerweile 12 Festangestellten in den Bereichen Helvetiarockt Music Lab, Helvetiarockt On Tour, Fundraising, Kommunikation und Administration und mit insgesamt rund 800 Stellenprozenten, über 40 Coaches sowie Anlässen in 17 Kantonen dreht der Verein an den verschiedenen Schrauben dieses offensichtlich misogynen Systems. 

Angefangen mit Workshopangeboten für den Nachwuchs, etwa mit den ersten Bandworkshops im Jahr 2012, kamen später Angebote zu den Themen Aufnahmetechnik und Songwriting hinzu. Gleichzeitig hat sich Helvetiarockt im Branchennetzwerk stark gemacht, um sich den Wünschen und Bedürfnissen der professionellen Musiker*innen anzunehmen. 

Im Hier und Jetzt

«Obwohl es sich nur um einen Workshop handelt, prägen die paar Tage während des Songwriting Camps das Leben junger Menschen enorm», wie Muriel Rhyner sagt. Die im Tessin wohnhafte Musikerin und Regiomanagerin von Helvetiarockt spricht dabei von Empowerment, von einer Stärkung des Selbstbewusstseins. «Es ist spürbar, dass mit den Personen auf verschiedenen Ebenen etwas passiert», so Rhyner. Wer zum ersten Mal eine Musiksoftware öffnet, kann ob der technischen Möglichkeiten schnell überfordert sein, wie Musikerin und Regiomanagerin Jasmin Albash aus Basel weiss. «Sich die Zeit zu nehmen und ohne Druck in einem Safe Space auszuprobieren und dabei Tipps von einer professionellen Produzentin zu erhalten, ist Gold wert», so Albash: «Egal in welcher Altersgruppe sich die Teilnehmenden befinden – dumme Fragen gibt es nicht. Wir wollen sicherstellen, dass sich alle trauen, sich mit ihren Anliegen an die Coaches zu wenden.» 

Insbesondere die Studio Workshops «Recording Step By Step», die sich an interessierte Frauen, inter, non-binäre, trans und agender Personen im Bereich Tontechnik und Studioaufnahmen richten, stossen auf reges Interesse. Während eines halben Jahres können in einem professionellen Studio die Grundkenntnisse der Ton- und Studiotechnik erlernt und zum Schluss ein Song aufgenommen und abgemischt werden. 

Blick nach vorn

«Dass diese Angebote stets so schnell ausgebucht sind, zeigt uns, dass es an niederschwelligen Angeboten mangelt», wie Rhyner sagt. Auch die Workshops im Bereich der Professionals wie «Pay Your Way», der sich um Finanzierung dreht, oder der Workshop «Cut Trough The Noise» zu Kommunikation, Booking und Promotion in der Musikwelt, sind meist rasch ausgebucht. «Eigentlich sind alle Workshops überbucht, die sich an alle Altersgruppen richten», so Albash. Mit Jugendförderung ist es demnach nicht getan: Eine altersunabhängige Förderung von Frauen, inter, non-binären, trans und agender Menschen ist gefragt. Helvetiarockt kann dieses Bedürfnis nicht flächendeckend und ausreichend anbieten, weshalb der Verein in Zukunft darauf angewiesen sein wird, Synergien für eine nationale, übergreifende Abdeckung im Bereich der gemeinsamen Förderung nutzen zu können.

Helvetiarockt On Tour :

Seit über einem Jahr beschäftigt sich Helvetiarockt On Tour mit dem Thema sexualisierte Gewalt in Clubs und an Festivals. Hierzu finden bis Ende 2025 Workshops und Austauschformate in der Deutsch- und Welschschweiz statt. Alle Infos unter www.diversityroadmap.org

Weitere Infos zu Helvetiarockt: www.helvetiarockt.ch

Das könnte Sie auch interessieren