Kneipp-Kur mit Tuba

Ein jazziges Stück für die solistisch eingesetzte Tuba in Begleitung einer überaus bemerkenswerten weiteren Besetzung.

Foto: Elsa/pixelio.de

«Die Tubisten spielen in den Niederungen der Musik, in Tonkatakomben, (…) sie sind halbblinde Tonwichte, sie sind die Bergmänner der Musik, der Fussabtreter des Orchesters.» Mit diesen Worten begann der deutsche Kabarettist Olaf Schubert seine humorvolle Präsentation des Echo-Klassik-Preisträgers 2013, des jungen Tubisten Andreas Martin Hofmeir, anlässlich des Konzertes zur Verleihung des benannten Preises im Berliner Konzerthaus. Der exzentrische Hofmeir, der wie die fast gleichaltrige Patricia Kopatchinskaja barfuss spielt, ist der typische Anti-Star, einer, der alles aufzumischen versucht, in allen Musik-Genres dabei ist und sich daher in keine Schublade stecken lässt: Orchestermusiker, Kammermusiker, Volksmusiker, Popmusiker, Kabarettist, Dozent am Mozarteum Salzburg. Also doch ein Star!

Die Kunst braucht solche Zugpferde, damit Neues entstehen kann. Und wenn einer dies für die «Bergmänner der Musik» in Angriff nehmen kann, dann Hofmeir. So erstaunt es nicht, dass dieser Ausnahmekünstler seinen ungarischen Tuba-Kollegen und Komponistenfreund Roland Szentpali gebeten hat, ein Werk für ihn zu schreiben, um Literatur für sein verkanntes Soloinstrument zu generieren. Szentpali, nur ein Jahr älter als Hofmeir, legte 2014 ein Werk in kurioser Besetzung vor – passend zum Kuriosum Hofmeir –, mit dem er Olaf Schubert Lügen straft: die Chill Fantasy für Tuba, Klavier, Schlagzeug und Streichquintett. Hier wird dem Solisten alles abverlangt, und die Tuba entpuppt sich als ein höchst akrobatisches, agiles und zu unglaublich hohen Tönen fähiges Soloinstrument. Die jazzige Grundausrichtung des Stücks wird durch die Möglichkeit zur freien Improvisation (für Tuba und Klavier) über Jazzharmonien unterstützt, wobei der Komponist für «Nicht-Jazzer» jeweils eine auskomponierte Version anbietet. Ein Solostück für Tuba also, das nur in seiner Dreisätzigkeit einer gewissen Klassiknorm entspricht, ansonsten wohl eher als musikalische Kneipp-Kur zu verstehen bzw. zu geniessen ist – barfuss natürlich!

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Roland Szentpali: Chill Fantasy for tuba, piano, drum set and string quintet, TU185; Partitur und Stimmen Fr. 78.00; Orchesterpartitur Fr. 42.00; Editions Bim, Vuarmarens 2015

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