Ein musikalischer Vulkan

Danuta Gwizdalanka hat den Lebensweg der Pianistin und Komponistin Maria Szymanowska nachgezeichnet.

Maria Szymanowska, Zeichnung von unbekannter Hand. Wikimedia commons

Goethe – soviel musikalische Autorität sei ihm hier eingeräumt – war von ihrem Spiel ergriffen, aber auch von ihrer Ausstrahlung und schrieb ihr ein Gedicht ins Stammbuch, das mit den Worten endet: «Da fühlte sich – o dass es ewig bliebe! – /das Doppelglück der Töne wie der Liebe.» Die Begegnung mit der polnischen Pianistin Maria Szymanowska hatte ihn tief bewegt: «Das Talent würde einen erdrücken, wenn es ihre Anmuth nicht verzeilich machte.» [sic] Das war 1823 in Marienbad, und naturgemäss vernimmt man in solchen Äusserungen heute all die Untertöne damaligen Genderverständnisses. Eine Künstlerin, die sich so frei in der Welt bewegte, erstaunte (man könnte ihr allenfalls Hélène de Montgéroult zur Seite stellen), und das führte denn zu Beschreibungen wie dem «weiblichen Vulcan» und der «Königin der Töne».

Die polnische Musikwissenschaftlerin Danuta Gwizdalanka, die mit ihrem Mann, dem Komponisten Krzysztof Meyer, eine Biografie über Witold Lutosławski veröffentlicht hat, ist eine profunde Kennerin der polnischen Musik, und sie nähert sich Szymanowska in ihrem Porträt ebenso bewundernd wie behutsam und unaufgeregt. Sie stellt ihre Werke mit kritischem Blick vor und verweist auf Einzelheiten. Entstanden ist aber weder ein musikologisches Buch noch eine sentimentale Lebensbeschreibung. Als eine «bezaubernde, aufgeklärte und pragmatische Frau» wird Szymanowska geschildert. Allzu früh ist sie mit 41 Jahren gestorben, an der Cholera, einem Hirnschlag oder an der Übermüdung, vielleicht an allem zusammen.

Gwizdalanka erzählt diese Biografie aus den Zeugnissen und Details eines reichen gelebten Lebens. Szymanowska, die sich früh von ihrem Gatten trennte, war eigen- und selbständig, reiste viel, wurde in ganz Europa gefeiert. Wie es ihr dabei erging, aber auch, wie sie dabei den Alltag meisterte, begleitet oft von Geschwistern und Kindern, gibt einen tiefen Einblick in die Lebensweise. Das Buch schliesst eine gravierende Lücke, was die damals durchaus vorhandene, aber leider nicht anhaltende Rezeption von Komponistinnen angeht.

Danuta Gwizdalanka: Der «weibliche Vulcan». Die Pianistin und Komponistin Maria Szymanowska, aus dem Polnischen von Peter Oliver Loew, 176 S., € 19.80, Harrassowitz, Wiesbaden 2023, ISBN 978-3-447-11913-9

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