«dass ich auch leicht zu schreiben vermag»

Stefan Kägi und Severin Kolb haben Joachim Raffs «Six Morceaux» für Geige und Klavier mit grosser Sorgfalt neu herausgegeben.

Deckblatt der Erstausgabe im Verlag Fr. Kistner, Leipzig. Quelle: IMSPL

Schon zu Raffs Lebzeiten und bis in die Gegenwart war die Nummer 3 der Six Morceaux, Cavatina, ein beliebtes Encorestück. Es hat sich gelohnt, auch die fünf weiteren Kompositionen auf Grund der Erstausgabe von 1862 als Urtext bekannt zu machen, dies mit Hilfe des Joachim-Raff-Archivs in Lachen, das von Severin Kolb geleitet wird. Raff lernte als Assistent Franz Liszts viele berühmte Musiker kennen, denen er seine anspruchsvollen Kammermusikwerke widmete. Das Manuskript der Six Morceaux sandte er 1861 an den Verleger mit den Worten, «(…) dass man um so eher nach diesen Stücken greifen werde, als ich daran beweise, dass ich auch leicht zu schreiben vermag (…)»

Die sechs «Salonstücke» sind musikalisch aussergewöhnlich gehaltvoll mit harmonischen und rhythmischen Überraschungen: ein lieblicher «Kinder»-Marsch, eine poetisch weiche Pastorale, die bewährte Cavatina, ein beschwingtes Scherzino im 2/4-Takt, eine emotionale Canzona und ein Presto-Tarantella-Rondo mit italienischer Verve. Sie gesellen sich in die Nähe der Romanzen von Robert und Clara Schumann. Die spärlichen Fingersätze – teilweise von Raff, auf die damalige Spielpraxis hinweisend – sind ergänzungsbedürftig. Ein ausführliches Vorwort schildert die Entstehungsgeschichte und die vielen Bearbeitungen und Aufführungen durch berühmte Geiger. Der Kritische Bericht beweist die minutiöse Sorgfalt dieser Ausgabe und gibt den Interpretierenden hilfreiche Hinweise.

Joachim Raff: Six Morceaux für Violine und Klavier op. 85, hg. von Stefan Kägi und Severin Kolb, EB 9407, € 28.50, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden

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