Diabelli-Variationen neu variiert

Der Pianist Rudolf Buchbinder hat zeitgenössische Komponistinnen und Komponisten zu Werken rund um Diabellis Walzer angeregt.

Anton Diabelli. Lithografie von Josef Kriehuber, 1841. Foto: Peter Geymayer/wikimedia commons

Zum Beethoven-Jubiläumsjahr hat der Wiener Pianist Rudolf Buchbinder dessen 33 Veränderungen über einen Walzer von A. Diabelli erneut eingespielt, und zwar schon zum dritten Mal. Dabei liess er sich etwas ganz Besonderes einfallen: Er kombinierte Beethovens gigantischen Zyklus mit Vertonungen von dessen Zeitgenossen, die damals für den Verleger Diabelli ja ebenfalls Variationen über das gegebene Thema verfassten, darunter die Versionen von Franz Schubert, Franz Xaver Mozart und dem erst elfjährigen Franz Liszt. Darüber hinaus aber regte Buchbinder heutige Komponisten und Komponistinnen an, sich mit Diabellis Walzer auseinanderzusetzen. Die Liste ist beeindruckend und umfasst elf Namen von Lera Auerbach bis Jörg Widmann.

Einige dieser Werke sind nun im Verlag Schott erschienen, so zum Beispiel Christian Josts rassiges Rock it, Rudi! (ED 23535) oder die Variation über ein Thema von Anton Diabelli von Rodion Schtschedrin (ED 23536). Letzteres entpuppt sich als pfiffiges Stück voller Pirouetten und Überraschungen und soll ganz ohne Pedal gespielt werden (wobei das mittlere Pedal da und dort hilfreich sein könnte).

Mehr in die Tiefe geht der Beitrag von Toshio Hosokawa. Der 1955 in Hiroshima geborene Komponist scheint sich dabei nicht nur an Beethovens Veränderungen, sondern auch an jener Variation orientiert zu haben, die Franz Schubert damals für das Gemeinschaftswerk beisteuerte. Hosokawas Diabelli-Variation mit dem Titel Verlust steht nämlich ebenfalls in der Tonart c-Moll und trägt auch sonst durchaus verwandte Züge. Es ist eine Meditation, deren stille Klänge immer wieder durch schroffe Einwürfe unterbrochen und in Frage gestellt werden. Dieses «Adagio, sostenuto, mit Empfindung und Ausdruck» lässt Diabellis Thema stets klar durchscheinen und ist mit Ausnahme einer schnellen Kadenz von geringen pianistischen Anforderungen. Gegen Ende frönt Hosokawa mit zwei längeren Trillern allerdings auch einer Vorliebe des späten Beethoven …

Das in seiner Einfachheit einnehmende Stück wurde zusammen mit den anderen Beiträgen im März 2020 von Rudolf Buchbinder im Wiener Musikverein uraufgeführt und ist auf der CD The Diabelli Project zu entdecken (Deutsche Grammophon 00028948377077).

Toshio Hosokawa: Verlust/Loss, Diabelli-Variation für Klavier, SJ 1211, € 7.50, Schott, Mainz

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