Orchestrale Raritäten

Werke von Othmar Schoeck, Ernst Widmer und Adolf Brunner liegen hier teilweise als Ersteinspielung vor.

Othmar Schoeck. Foto: Breitkopf & Härtel

Es sind rare Ereignisse, wenn Orchesterwerke von Schweizer Komponisten angekündigt werden, zu sehr hängt diesen der Geruch des Epigonentums, des Romantischen und Klassizistischen zur Unzeit, nach. Beheben kann diesen «Makel» die Einspielung von Werken Othmar Schoecks, Ernst Widmers und Adolf Brunners nicht, die das Royal Scottish National Orchestra unter Leitung des Schweizer Dirigenten Rainer Held bei Guild vorlegt. Aber ein Hörvergnügen ist sie trotzdem.

Was man bei Schoeck (1886–1957) zu erwarten hat, weiss man schon vor dem Anhören des Festlichen Hymnus op. 64 und der Ouvertüre zu William Ratcliff op. 29, die als Weltersteinspielungen präsentiert werden. Die 1950 und 1908 entstandenen Werke leben von einem spätromantischen Duktus, von zum Teil geradezu «süffigen» Momenten, pathetischen Gesten und einer Behandlung des Orchesters, die – besonders bei der Ouvertüre – stark an Liszt orientiert ist. Trotzdem, hörenswert ist das allemal, vor allem auch weil die Interpreten engagiert für diese Musik einstehen.

Rainer Held, der sich als Orchester- wie Chordirigent einen Namen gemacht hat, scheint geradezu prädestiniert für diese Musik voller Dramatik und hymnischer Melodik. Im Gegensatz dazu ist das Concerto für Piano, Percussion und Orchester op. 160 des nach Brasilien ausgewanderten Ernst Widmer (1927-1990) stark rhythmisch aufgeladen. Das Werk wurde 1988 in Zürich durch Emmy Henz-Diémand am Flügel und Michel Tabachnik uraufgeführt. In der vorliegenden Einspielung hat es allerdings nicht den Drive von damals. Das mag am Pianisten Fali Pavri liegen, der den perkussiven Zugriff von Emmy Henz, der grossen Fürsprecherin Widmers, nicht erreicht. Neben mitreissenden Momenten wirkt das Werk zuweilen auch etwas heterogen und langatmig.

Adolf Brunner (1901–1992) gehörte zu einer Generation von Schweizer Komponisten, die stark zum Neoklassizismus tendierten und regelmässig für die damals aufkommenden Kammerorchester komponierten. Umso erstaunlicher ist die hier eingespielte Partita für Klavier und Orchester (1938/1939), die, der Tonalität verpflichtet, neben typisch klassizistischen Passagen immer wieder zu grossen Gesten findet. Wie Chris Walton in einem aufschlussreichen Booklettext festhält, erinnert sie darin zuweilen an Brahms.

Alles in allem liegt hier eine spannende, mitreissend interpretierte Trouvaille vor.

Orchestral Masterworks from Switzerland: Schoeck, Widmer, Brunner. Royal Scottish National Orchestra; Rainer Held, Leitung; Fali Pavri, Klavier. Guild GMCD 7403

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