Die «romantische» Schweiz

Kammermusikalische Stücke rund um die Klarinette von Johann Carl Eschmann, Paul Juon, Richard Flury und Paul Müller Zürich.

Wenn man von der musikalischen Romantik spricht, dann ist die Klarinette nicht weit. Ihr weicher, vollmundiger Ton hat etwas Überschwängliches, etwas üppig Romantisches eben. Dies offenbart auch die neue CD des vielseitig engagierten Klarinettisten Bernhard Röthlisberger, mit welcher er beim Label Naxos Musiques Suisses Schweizer Kammermusik – Romantiker aus zwei Jahrhunderten präsentiert.

Es ist dies die zweite Einspielung, die Röthlisberger während des zermürbenden Lockdowns 2020 in Angriff genommen hat. Seine Recherchen für das Projekt Swiss Clarinet Music (Naxos Musiques Suisses NXMS 7002, SMZ 4/2021, S. 16) brachten auch weitere Partituren zum Vorschein, die kaum jemand kennt. Fünf dieser Werke, komponiert von Johann Carl Eschmann (1826–1882), Paul Juon (1872–1940), Richard Flury (1896–1967) und Paul Müller Zürich (1898–1993), sind nun hier zu hören.

Nicht nur die Auswahl überrascht in ihrer musikalischen Substanz, die vier Interpretinnen und Interpreten finden auch zu einer engagierten und profilierten Deutung dieser kammermusikalischen Trouvaillen. Die Geigerin Fióna Kraege ist Zweite Konzertmeisterin beim Luzerner Sinfonieorchester, die Cellistin Milena Umiglia war 2017 die einzige Schweizer Vertreterin im Gustav-Mahler-Jugendorchester und der Pianist Benjamin Engeli hat einst als Mitglied des Tecchler-Trios den ARD-Musikwettbewerb in München gewonnen.

Das älteste Stück dieser Aufnahme entstand 1850–51, komponiert hat die Zwei Fantasiestücke op. 9 für Klarinette und Klavier der gebürtige Winterthurer Johann Carl Eschmann. Er hatte bei Mendelssohn in Leipzig studiert und war mit Wagner und Brahms befreundet. Auch zählte er zu den bekannten Persönlichkeiten des Zürcher Musiklebens, geriet nach seinem Tod aber schnell in Vergessenheit. Heutzutage hört man ab und zu wieder etwas von Eschmann, der Amadeus-Verlag hat ihn in seinem Programm. Und jedes Mal überrascht er mit satztechnischer Raffinesse und zupackendem Gestus. Man spürt die musikantische Freude, wenn Röthlisberger und Engeli seine originellen Stücke spielen.

Das Trio in a-Moll op. 17 des in Moskau geborenen Bündners Paul Juon ist das gewichtigste Stück dieser CD, auch dauert es fast 24 Minuten. Juon weiss die Klangfarben von Klarinette und Violoncello reizvoll zu verflechten, die drei Interpreten gestalten die ausladend weitatmige Phrasierung dramaturgisch meisterhaft. Das 50 Jahre später entstandene Trio von Richard Flury kehrt dagegen eher die volkstümlich-heitere Seite der Klarinette hervor, das hat tänzerischen Schwung. Mit gutem Spürsinn hat Röthlisberger einmal mehr interessante Stücke geborgen.      

 Swiss chamber music – romantics from two centuries.
Bernhard Röthlisberger, Klarinette; Fióna Kraege, Violine; Milena Umiglia, Violoncello; Benjamin Engeli, Klavier
Naxos Musiques Suisses NXMS 7005

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