Hörbiografie und Werke von Weggefährten

Auf der Doppel-CD wird einerseits der Lebensweg von Alexander Schaichet nachgezeichnet, andererseits erklingen Werke von Ernest Bloch, Willy Burkhard, Max Ettinger, Walter Lang, Lily Reiff-Sertorius, Hans Schaeuble und Joachim Stutschewsky.

Als erstes Ensemble dieser Art in der Schweiz wurde das Kammerorchester Zürich 1920 von Alexander Schaichet (1887–1964) mit der Absicht gegründet, «Werke aufzuführen, die selten gehört, nie aufgeführt oder besonders wertvoll» waren. Der in Nikolajew (Ukraine) geborene, in Odessa und am Leipziger Konservatorium ausgebildete Violinist, Bratschist, Dirigent und Musikpädagoge gehörte dem Jenaer Streichquartett an, lebte seit 1914 in der Schweiz, heiratete 1919 die ungarische Pianistin Irma Löwinger und leitete bis 1943 das Kammerorchester Zürich. Von 1940 bis zu seinem Tod erteilte er Violinunterricht an der Musikakademie Zürich.

In weniger als zweieinhalb Dezennien setzte er sich mit seinem Orchester in rund 50 Uraufführungen und weit über 200 Erstaufführungen vorwiegend für zeitgenössische Komponisten ein. Schon während des ersten Jahrzehnts gab es neue Werke zu hören von Schweizer Komponisten wie Robert Blum, Emil Frey, Paul Juon, Walter Lang und Werner Wehrli, wenig später solche von Conrad Beck, Ernest Bloch, Willy Burkhard und Arthur Honegger. Mit internationaler Musik von Béla Bartók, Alfredo Casella, Heinrich Kaminski, Ernst Křenek, Bohuslav Martinů, Darius Milhaud, Alexander Mossolow, Bernhard Sekles, Rudi Stephan, Ernst Toch oder Leó Weiner brach dank Schaichets passioniertem Einsatz in den 1930er-Jahren für Zürich gewissermassen das «Goldene Zeitalter der Neuen Musik» an.

Als Neujahrsstück der Zentralbibliothek Zürich herausgegeben, erinnern zwei sehr unterschiedliche CDs und ein reich bebildertes Booklet an die Pionierarbeit, aber auch an die systematische Ausgrenzung und Benachteiligung Schaichets als Jude. Die mit vielen Briefzitaten und Klangbeispielen angereicherten Texte auf der CD 1, Eine musikalische Biografie, werden von Laura Lienhard, Graziella Rossi, Peter Hottinger und Helmut Vogel gesprochen. Auf CD 2 interpretieren die für das Musikkonzept verantwortliche Pianistin und Musikwissenschaftlerin Andrea Wiesli, Mirjam Tschopp (Violine, Viola) und Jonas Kreienbühl (Violoncello) die Musikalischen Werke von Weggefährten Alexander Schaichets.

Von den in Ersteinspielungen durchwegs ausdrucksvoll gestalteten Raritäten sind nebst den besonders einfallsreichen Kleinen Variationen in Etüdenform für Klavier von Lily Reiff-Sertorius die Six Israeli Melodies für Violoncello und Klavier sowie Soliloquia «In Memoriam Alexander Schaichet» für Viola solo von dessen engstem Freund Joachim Stutschewsky hervorzuheben.

Das erste Kammerorchester der Schweiz. Alexander Schaichet 1887–1964.Solo Musica SM 368 (2 CDs)

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