Tagung Musikdiskurse nach 1970

Eine dreitägige öffentliche Veranstaltung an der Hochschule der Künste Bern HKB beleuchtet vom 23. bis 25. März Diskurse zur zeitgenössischen Musik und ihr Verhältnis zu Improvisation, Fernsehen und Gesellschaft. Referate mit Perspektiven aus 14 Ländern und Podiumsdiskussionen werden durch zwei Konzerte ergänzt.

Improvisatorinnen wie Franziska Baumann prägten die Entwicklung zeitgenössischer Musik. Foto: Francesca Pfeffer

Seit den 1970er-Jahren erfolgte ein Boom zeitgenössischer Musik: Festivals entstanden, Ensembles wurden gegründet, Konzertreihen lanciert. Das SNF-Projekt «Im Brennpunkt der Entwicklungen. Der Schweizerische Tonkünstlerverein 1975–2017» an der HKB untersucht konkurrierende ästhetische Entwicklungen, die wachsende Bedeutung nicht-komponierter Musik, die Rolle gesellschaftspolitischer Umbrüche für das zeitgenössische Musikschaffen sowie den medialen Wandel.

Die Tagung spiegelt diese Themen aus der Perspektive von 14 Ländern in fünf Panels: Wie wird mit kontroversen Positionen zwischen Tradition und Avantgarde um die Deutungshoheit über das Zeitgenössische gestritten? Und mit welchen Folgen?

Lange Zeit versperrte sich zeitgenössische Musik der improvisierten Musik. Erste Bestrebungen ihrer Integration erwiesen sich (beim STV) als unbeholfene Versuche, aus dem selbstgewählten und wehleidig beklagten «Ghetto» auszubrechen. Später erfolgte die gegenseitige Annäherung beherzter. Wie haben sich zeitgenössische Musik und Improvisation nun gegenseitig wahrgenommen und beeinflusst? Welche Rolle hatte Improvisation in der Entwicklung neuer Musik?

Neue Musik und Fernsehen: Das ist vorab eine Erzählung von Aufstieg und Niedergang, zuerst begünstigt durch Neugier gegenüber dem neuen Medium und Narrenfreiheit, dann geprägt von Quotenzwang und bürokratischen Strukturen. Doch spielen die marginalen Beiträge im TV überhaupt eine Rolle im Diskurs? Wie weit lassen sich am Boom und späteren Abflauen wie auch an Veränderungen in Auswahl, Inhalt und Form ein Verständnis neuer Musik ablesen, inwiefern auch ein gesellschaftlicher, kultureller und medialer Wandel?

Letzteren reflektiert auch das letzte Panel: Welche Rolle spielen Institutionen bei Entwicklung und Prägung verschiedener Diskurse? Welche Stellung haben Veranstalter, seien es Radio, Labels, Festivals oder Komponistenverbände? Und welches sind die übergreifenden Diskurse? Das Nationale? Das Internationale? Die Stellung der Frauen? Ein Abschlusspodium u. a. mit dem Historiker Philipp Sarasin wird sich diesen Fragen widmen.

Ergänzt werden Referate und Diskussionen durch musikalische Live-Beiträge: Improvisationsdiskurse werden auf die Bühne gebracht, und ein zweiter Konzertabend stellt Werke vor, die es einst nicht auf die Bühne geschafft haben, weil die Jury sie aus ästhetischen, personalpolitischen oder praktischen Gründen nicht für die Programme nominierte.

Programm und Anmeldung: www.hkb-interpretation.ch/musik-diskurse

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