Wolfgang Böhler

Wolfgang Böhler, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Musik-Medizin SMM, beantwortet die Fragen der Schweizer Musikzeitung.

Wie geht es Ihnen und der SMM nach diesem Jahr?

Bei der Schweizerischen Gesellschaft für Musik-Medizin trafen ein Präsidiumswechsel und die Pandemie zusammen. Wir mussten unser jährliches Symposium absagen und waren mit einer erhöhten Zahl von Anfragen wegen Verunsicherungen, Zukunftsängsten und Depressionen konfrontiert. Nach der Pandemie werden wir die Netzwerke der Gesellschaft revitalisieren müssen, weil alle kleineren und grösseren Treffen weggefallen sind.

Mir persönlich geht es gut. Ich bin es gewohnt, mich im Homeoffice selber zu organisieren und dank diversifizierten Einnahmequellen materielle Krisen immer wieder einigermassen durchzustehen.

Was ist für Sie besonders einschneidend an der Corona-Zeit?

Für mich persönlich war die Situation in Manaus sehr belastend. Ich habe dort Familie und baue eine Kulturwerkstatt als Versöhnungsprojekt auf. Die brasilianische Urwaldmetropole ist ein globaler Hotspot der Pandemie. Wir beklagen unter Freunden und Familie etliche Todesfälle. Die meisten Musiker sind verzweifelt oder materiell in lebensbedrohlicher Situation.

Wie verändert die Corona-Zeit Ihrer Meinung nach den Musikerberuf und Ihren Verband?

Ich vermute, dass viele Junge weniger selbstverständlich eine Musikkarriere anstreben werden als bisher. Zudem dürfte das Bewusstsein dafür wachsen, welche psychischen Belastungen der Musikerberuf mit sich bringt. Es kann dazu führen, dass die Bedeutung unserer Therapeutinnen und Therapeuten für das psychische und physische Wohlergehen im musikalischen Berufsalltag besser wahrgenommen wird.

Welche Frage möchten Sie dem Bundesrat stellen oder was wünschen Sie sich von ihm, damit die Musikszene wieder auflebt?

Ich hätte mir vom Bundesrat erhofft, dass er besser erklärt, was die Eigenart grossflächiger Massnahmen ist. Globale Massnahmen können in den Details sinnlos oder widersprüchlich wirken. Die Kritik am Bundesrat hat sich ja immer an konkreten, kleinräumigen, scheinbar absurden Konsequenzen entzündet. Es ist ein Zeichen politischer Reife, im Interesse des grossen Ganzen Massnahmen auch dann zu akzeptieren, wenn sie im Detail sinnlos scheinen. Die Kulturschaffenden sind da meines Erachtens weitaus kooperativer und einsichtiger als andere wirtschaftliche Interessensvertreter. Es wäre schön, wenn das anerkannt würde.