SMPV und SGB

Seit 2005 ist der SMPV Mitglied beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB.
Im März dieses Jahres hat die DV den Austritt aus dem SGB beschlossen, hat aber noch Raum für Verhandlungen gelassen.

Vor zwanzig Jahren ist der SMPV dem SGB beigetreten. Der Abstimmung über den Beitritt gingen hitzige Diskussionen voraus: die Beitrittsgegner*innen fanden, branchenmässig passe der SMPV nicht in den SGB, monierten, der SGB sei zu links und der SMPV müsse politisch neutral sein, oder sie betonten, Selbstständigerwerbenden bringe die Mitgliedschaft beim SGB nichts. Im von mehreren Sektionspräsidien gestellten Antrag für einen Beitritt stand aber: „Dies (gemeint ist der Beitritt zum SGB) würde es dem SMPV erlauben, an nützliche Informationen heranzukommen, was den Schutz des Berufs des Musiklehrers in der Schweiz betrifft, aber auch an die Entscheidungsträger im Erziehungswesen und in der Kultur“ (heranzukommen).
Überzeugen liessen sich die Delegierten schliesslich durch das Argument, in einer Krisensituation würde der SGB die SMPV-Mitglieder schützen. Um den SGB-Beitrag pro Mitglied von damals CHF 12.50 bezahlen zu können, stimmten sie sogar einer Mitgliederbeitragserhöhung um CHF 10.- zu.

Was vielen Delegierten nicht bewusst war, ist, dass der SGB natürlich nicht die gewerkschaftliche Arbeit für den Verband macht. Der Verband muss die Gewerkschaft sein, die die aktuellen Probleme der Musikpädagog*innen in der Schweiz erkennt, benennt und genau beschreibt, und der dann Lösungen für die Probleme sucht.
Manchmal sind die Probleme kleinere arbeitsrechtliche Ungerechtigkeiten, die sich durch ein Gespräch eines Sektionspräsidiums mit einer Musikschulleitung lösen lassen. Manche Probleme betreffen aber viele und können nur durch Gesetzesänderungen und Verordnungen auf kantonaler oder nationaler Ebene gelöst werden. Da kann der SGB allenfalls Türöffner sein und Kontakte zu Entscheidungsträger*innen vermitteln.

Erste Zweifel

An der DV 2007 stellte der ZV den Antrag, wieder aus dem SGB auszutreten. Er begründete dies damit, dass der SMPV für die CHF 60’000.- SGB-Mitgliederbeiträge pro Jahr keinen entsprechenden Gegenwert erhalte. Der damalige Zentralpräsident, Jakob Stämpfli, der den SMPV an den SGB-Vorstandssitzungen vertrat, berichtete, im Jahr 2006 sei an den Vorstandssitzungen nur ein einziges für den SMPV im weiteren Sinne relevantes Thema behandelt worden. Der Zentralvorstand gab zu, dass er bei der Beitrittsdiskussion nicht daran gedacht hatte, dass die für den SMPV wichtigen Fragen in Bildungs- und Kulturpolitik zu fast 100% auf Kantonsebene entschieden werden, und dass der SGB als nationaler Dachverband damit das falsche Gefäss sei. Er räumte allerdings ein, dass einzelne Sektionen mit den kantonalen Bünden gute Erfahrungen gemacht hätten.
Rolf Zimmermann (SGB) gelang es aber mit der Unterstützung von Hans Peter Völkle (SMV) die SMPV-Delegierten von den Vorteilen eines Verbleibs beim SGB zu überzeugen.

Die Krise

Die „grosse Krise“ kam 2020, als die Pandemie zuerst alles lahmlegte und u.a. die Musikbranche lange stark einschränkte.
Besonders die Selbstständigerwerbenden waren betroffen, erhielten sie doch – wenn überhaupt – vernachlässigbare Entschädigungen, die nicht für den Lebensunterhalt ausreichten. Dazu kam, dass Kunstunterrichtende aller Sparten nicht als Künstler*innen angesehen wurden, sondern als reine Lehrpersonen, man sie also von der Unterstützung für Kulturschaffende ausschloss. Der SGB setzte sich für SMPV-Mitglieder ein, als er im Lockdown erreichte, dass auch privater Musikunterricht in Präsenz verboten wurde. Das Problem der fehlenden Entschädigungen liess sich aber nicht leicht lösen, und so erhielten wir dort keine Hilfe. Der SGB reichte seine Informationen über neue Verordnungen des Bundesrats oder über Möglichkeiten von Suisseculture-Sociale-Nothilfen sofort ans SMPV-Zentralpräsidium weiter. Allerdings habe ich als Präsidentin des SMPV Bern diese Informationen vom Kanton Bern direkt gleich schnell erhalten.
Ich glaube, man darf sagen, dass der Schutz, den wir uns in einer Krise vom SGB erhofft hatten, nicht im erwarteten Ausmass da war.

Grosse Anliegen des SMPV

  1. Schleichender Pensenabbau und fehlende Arbeitslosenunterstützung dabei:
    Es erhält nur Arbeitslosengeld, wer in den letzten zwei Jahren mindestens 20% weniger verdient hat. Wenn eine Musikschullehrperson jedes zweite Jahr zwei bis drei Wochenlektionen verliert, verliert sie in acht bis zehn Jahren 50% ihrer ursprünglichen Anstellung, erhält aber nie Arbeitslosengeld. Darauf weist Wolfgang Pailer seit 2007 immer wieder hin. Letztes Jahr hat der SGB nun Annette Dannecker einen Gesprächstermin beim SECO organisiert, wo sie aber erfahren musste, dass man erst bei einer grösseren Gesetzesrevision allenfalls etwas ändern könnte.
  2. Auch beim Problem, dass Musikpädagog*innen von der Politik ausschliesslich im Bereich Bildung und nicht Kultur verortet werden und deshalb der SMPV im Gegensatz zum SMV nicht subventioniert wird und Kunstunterrichtende im Krisenfall Nachteile haben, kann uns der SGB nicht helfen.
  3. Musikpädagog*in/Musiklehrer*in müsste ein registrierter Beruf werden. Auf dem langen Weg zum Titelschutz könnte der SGB den SMPV unterstützen.

Verhandlungsspielraum

Nachdem die DV 2025 den Austritt aus dem SGB auf Ende Jahr beschlossen hat, hat er Annette Dannecker ein Verhandlungsmandat gegeben – auch aus Dankbarkeit für das finanzielle Entgegenkommen des SGB in den letzten drei Jahren. Einige Sektionen würden gerne bei ihren kantonalen Bünden bleiben und wären auch bereit, die entsprechenden kantonalen Mitgliederbeiträge zu bezahlen. Eine „Mitgliedschaft light“ beim SGB quasi ohne Rechte aber mit auch sehr tiefen Kosten, mit dem sich die Sektionen das Recht erkauften bei den kantonalen Bünden zu bleiben, würde ziemlich sicher angenommen.
Statutarisch kann der SGB aber wohl nur den Wechsel zur assoziierten Mitgliedschaft anbieten (7.80/Mitglied plus der Beitrag der kantonalen Bünde). Dies würde eine SMPV-Mitgliederbeitragserhöhung bedingen. Es stellt sich also nicht die Frage, ob sich der SMPV eine (assoziierte) Mitgliedschaft leisten kann sondern die, wie er das Kosten-Nutzen-Verhältnis heute einschätzt, und ob er sich das leisten will.

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