Bach à la Leonhardt

Die Arrangements für Cembalo, die Gustav Leonhardt von Streichersuiten,-partiten und -sonaten gemacht hat, sind als Notentext erschienen.

Gustav Leonhardt, Cité de la Musique, Paris, September 2008. Foto: Paul Ruet/wikimeida commons

Anstelle einer Rezension persönliche Erinnerungen: Mitte der 1970er-Jahre spielte Gustav Leonhardt (1928–2012) in Basel einige seiner eigenen Bearbeitungen von Bachs Werken für Streichinstrument. Im Sommer 1977 bat ich ihn um eine Kopie seines Arrangements der Lautensuite in c-Moll für Cembalo, worauf er mich anwies, doch selber eines zu machen. Das war gar nicht so einfach; denn stets hatte man Leonhardts anscheinend perfekte Lösungen im Ohr, die mittlerweile auch auf Schallplatte erschienen waren.

Nun hat Siebe Henstra nicht nur Leonhardts gesammelte Cembalofassungen herausgegeben, sondern dazu sogar einige Seiten von Leonhardts geradezu bachähnlicher Handschrift faksimiliert. Die stilechten Adaptionen nach den Geigensoli und Cellosuiten sowie der a-moll-Flöten-Allemande sind – selbst aus kritischer Distanz – rundum lehrreich, satz- wie grifftechnisch, manchmal auch von stupender Einfachheit. Bei alledem aber beschleicht mich das Gefühl, voyeuristisch in des Meisters cembalistische Intimsphäre einzudringen und mir beim Spielen übergriffig etwas von seiner ureigensten Musikalität und Genialität anzueignen. Authentischer wäre es, seinem damaligen Rat zu folgen und eigenständig auszuprobieren, was schon Bach selbst im Falle der Violinsoli praktiziert hatte: «Ihr Verfasser spielte sie selbst […] und fügte von Harmonie so viel dazu bey, als er für nöthig befand.» (Johann Friedrich Agricola)

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Johann Sebastian Bach: Suiten, Partiten, Sonaten für Cembalo bearbeitet von Gustav Leonhardt, hg. von Siebe Henstra, BA 11820, € 39.95, Bärenreiter, Kassel 2017

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