Neue Schweizer Kompositionen

Werke für Klarinette, mit oder ohne Klavier, von David Philip Hefti, Edoardo Torbianelli und Jean-François Michel

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Die drei zur Betrachtung vorliegenden, neu erschienenen Werke für Klarinette geben einen wunderbaren Einblick in die Verschiedenheit aktuellen Komponierens. Alle drei sind im Jahr 2012 von Schweizer bzw. in der Schweiz lebenden Komponisten geschrieben worden, womit die grundsätzlichen Gemeinsamkeiten aber auch bereits genannt sind. Das erste ist ein Solostück für Bassklarinette, das zweite eine klassische Sonate für Klarinette und Klavier, das dritte Werk sind drei Bagatellen in gemässigt modernem, tonalem Stil.

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Canto für Bassklarinette solo des erfolgreichen Zürcher Komponisten David Philip Hefti ist dem Klarinettisten Elmar Schmid gewidmet. Aus dem Namen des Widmungsträgers ist das Tonmaterial abgeleitet: E-La-Mi-A-Re eS-C-H-MI-D. Der aus Quart-/Quint-Intervallen bestehende Vorname erweist sich dabei als weniger ergiebig und tritt in der Folge nicht mehr gross in Erscheinung, dafür wird die Tonfolge Es-C-H-E-D ausgiebig verwendet. Das siebenminütige Werk bezieht seine grundsätzliche Gliederung aus zwei zueinander im Verhältnis 3:1 stehenden Tempi (132/44); diese ergeben einen Wechsel zwischen ruhigen, melodiösen und klanglich spannenden Passagen mit vielen Mehrklängen auf der einen und hektischen, von Slaps, Klappen- und Luftgeräuschen sowie teils abrupten Dynamikwechseln geprägten Abschnitten auf der anderen Seite. Die als Empfehlung angegebenen Mehrklänge funktionieren bestens und ergeben interessante Klangverläufe.

David Philip Hefti, Canto, für Bassklarinette solo, GM 1882, € 12.00, Edition Kunzelmann, Adliswil 2012

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Eine ganz andere musikalische Sprache spricht Edoardo Torbianelli in seiner Sonate Nr. 2 für Klarinette und Klavier. Torbianelli ist 1970 in Triest geboren und hat in seiner Heimatstadt Klavier und Cembalo studiert. Heute wirkt er als Dozent und Spezialist für historische Aufführungspraxis, vor allem der klassisch-romantischen Epoche, unter anderem an der Schola Cantorum Basiliensis und der Hochschule der Künste Bern.

Seine dreisätzige Sonate ist im Stil der Musik in Wien um 1805 komponiert. Der erste Satz des zwanzigminütigen Werks ist mit Allegro amabile überschrieben, steht im 3/4-Takt und wird von der Klarinette mit einem eingängigen C-Dur-Dreiklangsthema eröffnet, welches den ganzen Satz dominiert und seinen Gegenpart in einer gehaltenen, absteigenden Dreiklangsfigur findet. Der zweite Satz im 12/8-Takt mit perlenden Achteln im Klavier besticht durch eine wunderbar kantable Melodie in der Klarinette, die im Mittelteil abgelöst wird durch einige Unruhe und Dramatik. Dem dritten Satz, überschrieben mit Finale – Tema con variazioni, liegt ein Thema von Antonio Salieri aus der Oper Les Danaïdes zu Grunde. Bei den Variationen kann der Klarinettist seine Fingerfertigkeit unter Beweis stellen. Diese klassische Sonate aus dem Jahre 2012 bereitet Spielvergnügen und stellt eine Bereicherung des klassischen Repertoires für Klarinette dar.

Edoardo Torbianelli, Sonata No. 2, for Clarinet and Piano, CL 34, Fr. 25.00, Edition Bim, Vuarmarens 2012

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Nochmals in eine andere musikalische Welt führt der Genfer Trompeter und Komponist Jean-François Michel mit seinen 3 Bagatelles für Klarinette und Klavier. Mit musikalischem Witz baut er gekonnt eine Art Filmmusik, die plastische Bilder vor den Augen des Zuhörers ablaufen lässt. Der erste Satz Cortège beginnt geheimnisvoll mit einer rhythmisch akzentuierten Eröffnung im Klavier und einem Gemurmel in der Klarinette und erinnert an einen frühmorgendlichen Narrenzug. In der Folge versteigt sich die Klarinette zu leicht absurd anmutenden, grandios vorgetragenen Gesten, vom Klavier abwechselnd mit fliessenden Bewegungen (dem vorherigen Murmeln der Klarinette) oder ermunternder Begleitung unterstützt. Der zweite Satz mit dem Titel Chanson ist eine ruhige, mit üppigem Wohlklang ausgestattete Kantilene mit bewegtem Mittelteil. Der Schlusssatz Trafic schliesslich wechselt ständig zwischen geradem und ungeradem Grundpuls und zieht daraus seine rhythmische Prägnanz. Der Klarinettist kann in perlenden Kaskaden seine Virtuosität ausleben. Der Satz ist effektvoll und verlangt dem Interpreten eine solide Fingertechnik ab.

Die Bagatellen mit ihrer Dauer von ca. 11 Minuten eignen sich sowohl für fortgeschrittene Schüler, z. B. als Wettbewerbsstücke, wie auch als unterhaltsame Auflockerung im Konzert.

Jean-François Michel, 3 Bagatelles, for clarinet and piano, CL 36, Fr. 15.00, Edition Bim, Vuarmarens 2012

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