Feines Gespür für das Zusammenspiel

Allüren waren ihm fremd. Er komponierte Orchester- und Kammermusik, die in jedem Instrument eine besondere Klangqualität entdeckte. In seinen Opern machte er schon früh die Ausgrenzung des Individuums und die Zerstörung der Natur zum Thema.

Jost Meier beim Komponieren.  Foto: Jean-Pierre Mathez, Editions Bim 2018

 

Jost Meier war Solothurner mit einer besonderen Beziehung zu Biel und seit 1980 in Basel zuhause. Der Dirigent und Komponist wurde am 15. März 1939 in Solothurn geboren. 1955 begann er sein Musikstudium bei Rolf Looser in den Fächern Komposition und Violoncello am Konservatorium Biel. Daneben studierte er einige Semester Mathematik und Physik an der ETH Zürich. 1964 erwarb er das Konzertdiplom als Cellist am Konservatorium Bern. Anschliessend studierte er beim Komponisten Frank Martin in den Niederlanden. Dieser eigenwillige Bildungsweg prägte sein Leben.

Ab 1964 spielte Jost Meier als Cellist im Tonhalle-Orchester Zürich und in der Camerata Bern. Zwischen 1969 und 1979 wirkte er als Mitbegründer und Chefdirigent des Sinfonieorchesters Biel Solothurn und hatte als musikalischer Impulsgeber grossen Einfluss auf das dortige Musikleben. 1980–1983 war er unter Armin Jordan als Kapellmeister am Theater Basel tätig. Ab 1983 arbeitete er als freischaffender Komponist und Dirigent. Von 1985 bis 2004 war er Dozent an der Hochschule für Musik der Musik-Akademie Basel und wirkte zugleich am Schweizer Opernstudio Biel.

Angeregt durch die langjährige Theaterpraxis, schuf Jost Meier in den 1980er-Jahren eigene Opern mit sozialen Themen. 1982 komponierte er die Oper Sennentuntschi nach Hansjörg Schneiders gleichnamigem Schauspiel. Die Uraufführung 1983 in Freiburg im Breisgau machte wegen ihrer unverblümten sozialen Thematik im Alpenmilieu Schlagzeilen. 1994 kam an der Deutschen Oper Berlin Jost Meiers Oper Dreyfus – die Affäre auf ein Libretto von George Whyte heraus. Das Stück zeigte Meier als engagierten Komponisten, der von der Bewegung der 1968er-Jahre geprägt war und Zeit seines Lebens wenig von bürgerlichen Konventionen hielt. Im November 2017 fand seine letzte Oper Marie und Robert am Theater Orchester Biel Solothurn viel Beachtung.

Jost Meier war als Komponist kein Avantgardist oder Bilderstürmer. Er komponierte für Stimmen, Ensembles und Orchester mit feinem Gespür für das Zusammenspiel. Zuletzt in seinem Konzert für Violoncello und Orchester, das im November 2019 in Biel uraufgeführt wurde. Damit schloss sich der Kreis zu Meiers eigenen Anfängen als Cellist und als Dirigent am Theater Orchester Biel Solothurn.

Jost Meiers mit grafischer Sorgfalt geschriebene Partituren befinden sich seit 2018 in der Vera Oeri-Bibliothek der Musik-Akademie Basel. Er war ein akribischer Arbeiter und ein überaus liebenswürdiger, bescheidener Mensch, der einem im Gespräch mit leisem Humor und grosser Offenheit begegnete. Wie jetzt bekannt wurde, ist Jost Meier am 5. Dezember 2022 in Basel im Alter von 83 Jahren gestorben. Wir werden ihn als ideenreichen Musiker und Menschen in Erinnerung behalten.

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Jost Meier, «Nächtliche Blume, Lyrische Szenen zu Paul Klee» (2006)
Autograf aus der Sammlung Jost Meier, Vera Oeri-Bibliothek der Musik-Akademie Basel
Foto: Madeleine Lüthi 2020

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