Gottfried Galston

Über den Pianisten Gottfried Galston ist wenig bekannt. In ihrer Masterarbeit an der Universität Bern begab sich Florence Weber auf seine Spuren.

Gottfried Galston. Bild: Nicolas Perscheid

Ihre Forschungsergebnisse wurden im Journal Die Zwitschermaschine. Zeitschrift für internationale Klee-Studien publiziert. Wer Gottfried Galston war und was er mit Paul Klee zu tun hatte, darüber gibt sie im Interview Auskunft.

Florence Weber, wer war Gottfried Galston?
Gottfried Galston (1879–1950) war ein Wiener Pianist mit jüdischem Hintergrund, der seine musikalische Ausbildung in verschiedenen Städten genossen hatte. Sein pianistisches Debut spielte er mit 18 Jahren, worauf eine ausgedehnte Karriere als erfolgreicher Konzertpianist folgte. Auch als Klavierpädagoge war Galston tätig und verwob seine pianistischen Ansichten sowie Spielempfehlungen in seinem Studienbuch, das Studierenden ein Lehrwerk sein sollte.

Galston wohnte in verschiedenen europäischen Städten mit grosser kultureller Ausstrahlung: Wien, Leipzig, Berlin und München. Diese künstlerischen Zentren waren Treffpunkte für musikalischen Austausch, intellektuelle Diskussionen, künstlerische Ansichten. Der österreichische Konzertpianist befand sich mittendrin und konnte ein Netzwerk von beachtlicher Grösse aufbauen.

Welche Verbindung bestand zwischen Galston und Paul Klee?
Galston und Paul Klee haben in München in unmittelbarer Nachbarschaft gewohnt: Galston war Mitte Januar 1919 mit seiner Familie an die Ainmillerstrasse 29 gezogen, Lily und Paul Klee wohnten mit ihrem Sohn Felix seit dem Herbst 1906 an der Ainmillerstrasse 32. Rund zweieinhalb Jahre verbrachten die beiden Künstler Tür an Tür und entwickelten einen freundschaftlichen Kontakt: Sie musizierten gemeinsam und diskutierten über Fragen musikalischer, künstlerischer und beruflicher Art. Dieser Kontakt führte dazu, dass Klee die Patenschaft für Galstons Tochter Flora Irina, geboren am 20. Februar 1920 (auch Florina-Irene genannt) übernahm. Klee malte seiner Patentochter mehrere Werke als Geschenke. Die Bilderfolge endete, als das kleine Mädchen einjährig verstarb.

Was hat dich an diesem Thema besonders fasziniert?
Gottfried Galston ist in keinem der gängigen musikwissenschaftlichen Lexika zu finden – so, wie viele andere Personen in der Musikgeschichte. Aufgrund vieler noch heute sehr bekannter Musiker*innen und Künstler*innen in Galstons Netzwerk ist das erstaunlich: Lily und Paul Klee, Wassily Kandinsky, Alexej von Jawlensky, Arnold Schönberg, Carl Reinecke, Ferruccio Busoni, Anton Rubinstein und Theodor Leschetizky – um nur einige zu nennen. Dass diese Verbindungen nicht prominenter aufgearbeitet sind, entpuppte sich für mich als Glücksgriff: Ich konnte Galstons Biografie von seinem Geburtsjahr 1879 bis zu seiner Emigration in die USA 1927 und seine Kontakte in Form meiner Masterarbeit rekonstruieren. – die zweite Lebenshälfte von Galston gilt es noch zu beleuchten.

Wie bist du zu diesem Thema gekommen?
Für die Recherche zu Paul Klee und der Interdisziplinarität von verschiedenen Künsten las ich mich quer durch die Literatur im Archiv des Zentrums Paul Klee in Bern. Dabei stiess ich auf Gottfried Galston und seine Verbindung zu Paul Klee. Bei der weiterführenden Recherche – unter anderem im Online-Archiv der österreichischen Nationalbibliothek – fand ich mehrere hundert Zeitungsartikel, Konzertanzeigen und -rezensionen zu Galston und seinen Auftritten. So liessen sich Aufenthaltsorte, Konzerttourneen und Verbindungen zu anderen Musiker*innen und Künstler*innen herstellen und ich konnte mich an eine detaillierte Biografie Galstons annähern.

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