Klangpracht in der Alten Eidgenossenschaft

Zum Fest des Heiligen Michael komponierte 1749 der Luzerner Franz Joseph Leonti Meyer von Schauensee (1720–1789) eine dreichörige Festmesse, die dank der Editionsarbeit einer Genfer Forschergruppe nun im Konzert zu hören sein wird.

Spätestens seit dem Ende des 17. Jahrhunderts begingen die Chorherren im Stift St. Michael Beromünster (LU) mit dem allergrössten kirchenmusikalischen Aufwand im Kirchenjahr das Fest des Heiligen Michael (29. September) und das anschliessende Kirchweihfest (30. September). Das Zeremoniell verlangte an beiden Festtagen eine doppel- oder dreichörige Festmesse. Wenig überraschend zogen die Feierlichkeiten nicht nur Gottesdienstbesucher(innen) von nah und fern an, sondern auch Musiker(innen), die sich Tage zuvor in Beromünster eingefunden hatten, um die Musik einzustudieren. 

Im Jahr 1749 gelangte eine von Franz Joseph Leonti Meyer von Schauensee (1720–1789) eigens für die Festlichkeiten komponierte dreichörige Festmesse zur Aufführung. Während Markus Lutz (1772–1835) den Luzerner Patrizier als den «berühmteste[n] schweizerische[n] Tonkünstler seiner Zeit» bezeichnete, ist Meyer von Schauensee heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass moderne Editionen seiner Werke fast komplett fehlen. Um einen Eindruck der spätbarocken musikalischen Pracht im Chorherrenstift Beromünster zu gewinnen und Meyer von Schauensees Musik genauer studieren zu können, haben sich Raphael Eccel, Grégory Rauber, Luc Vallat und Christoph Riedo zum Ziel gesetzt, die für das Stift Beromünster komponierte Messa Solenne a 3 Cori in einer historisch-kritischen Edition herauszugeben und in der Editionsreihe der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft zu veröffentlichen.

Das Vorhaben der Genfer Musikwissenschaftler erhielt dadurch Auftrieb, dass die Konzertreihe der Klosterkirche Muri/AG und das Festival Alte Musik Zürich Interesse an einer Aufführung der dreichörigen Festmesse zeigten. Meyer von Schauensees Werk wird nun sowohl am 22. September in Zürich als auch am 24. September in Muri/AG unter der Leitung von Jakob Pilgram zu hören sein. Die Aufführenden sind das Vokalensemble larynx (3 Solistenquartette) und das Capricornus Consort Basel (3 Streichquintette, 3 Orgeln, 6 Trompeten, 2 Hörner, 1 Pauke). Das zweite Konzert wird gefilmt, aufgenommen und auf der Webseite des Festival Alte Musik Zürich zugänglich sein. So kann auch in Zukunft ein Eindruck des musikalischen Glanzes in Beromünster, der dem zahlreicher anderer eidgenössischen Ordenskirchen ebenbürtig war, gewonnen werden.

Tatsächlich kamen die Gottesdienstbesucher(innen) in den Genuss eines einzigartigen Hörvergnügens. Denn die auf drei Klanggruppen aufgeteilten Sänger und Instrumentalisten boten in der Stiftskirche nachweislich ein polyphones Spektakel sondergleichen. In der aus 24 Sätzen bestehenden Messe schöpfte Meyer von Schauensee aus, was die Mehrchörigkeit zu bieten hat: von der vollen, dreichörigen Klanglichkeit über alle denkbaren Kombinationen des Zusammenspiels der drei Klanggruppen bis hin zu verschiedenen Echoeffekten. Genauso eindrücklich verdeutlicht die transkribierte Partitur erstmals, wie gut Meyer von Schauensee, der von 1740–42 bei Ferdinando Galimberti (?–1751) in Mailand studiert hatte, den Musikstil der frühen Mailänder Symphoniker um Giovanni
Battista Sammartini (1700/1-1775) verinnerlicht hat. 

Informationen zu den Konzerten

Freitag, 22. September 2023 um 19.30 Uhr im Fraumünster in Zürich im Rahmen des Festival Alte Musik Zürich. Konzerteinführung um 18.15 Uhr im Zentrum Karl der Grosse (Kirchgasse 14).

Sonntag, 24. September 2023 um 17 Uhr in der Klosterkirche Muri/AG im Rahmen der Konzertreihe Musik in der Klosterkirche.

Information zur Edition 

Franz Joseph Leonti Meyer von Schauensee (1720–1789): Messa Solenne a 3 Cori, hrsg. von Raphael Eccel, Grégory Rauber, Luc Vallat
und Christoph Riedo, 7. Band der Editionsreihe Musik aus Schweizer Klöstern, Bern: Peter Lang (in Vorbereitung). 

Die Herausgeber sind weiterhin auf der Suche nach Geldmitteln, um die Ausgabe zu realisieren. 

Kontakt: christoph.riedo@unige.ch

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