In memoriam Gilles Landini (1.10.1963 – 30.6.2025)
Gilles Landini, Pianist, Pädagoge, Regisseur und vieles mehr, ist am 30. Juni in seinem 62. Lebensjahr viel zu früh an den Folgen einer Operation verstorben.
John Michet (ehemaliger Student) Am Montag, dem 30. Juni 2025, ist ein außergewöhnlicher Künstler plötzlich zu den Sternen hinaufgeflogen, um sie mit seiner Musik zum Tanzen zu bringen, sie mit der Tiefgründigkeit seines Vortrags vibrieren zu lassen, sie mit dem Charme seiner Interpretation erröten zu lassen und sie mit dem Glanz seiner Seele zum Glänzen zu bringen. Gilles Landini war ein Pianist mit differenzierter Spielweise, immer auf der Suche nach einer wahrhaftigen Interpretation und ein sensibler Pädagoge, der nie damit geizte, seine Kultur und sein Wissen zu teilen. Er hinterlässt uns wunderbare Musikaufnahmen (u. a. auf YouTube verfügbar) und ein pianistisches und pädagogisches Vermächtnis durch seine Schüler.
Er war nie , wie er selbst sagte, eine „Pianistenfabrik“, sondern eher ein „Gärtner für Musiker“, der ihnen gab, was sie brauchten, um sich zu entfalten zu können. Seine Fähigkeit, Menschen zu verstehen, zuzuhören und seine Empathie erlaubten ihm, aus seinen Schülern alles herausholen, was sie ausdrucksmässig leisten konnten. Das Ziel dabei war nie nur, die Partitur zu kennen, sondern sie zu interpretieren und in einen Diskurs mit dem Komponisten zu treten. Dank seinem historischen Wissen liebte er es, die Werke in den Kontext ihrer Entstehungszeit zu stellen; geografisch, geopolitisch und im Bezug auf den Komponisten biografisch. Er wollte nicht nur Kultur zu vermitteln, sondern er wollte immer auch gewährleisten, dass ein Werk authentisch aufgeführt wurde.
Er mochte keine Standardisierung, er wollte Vielfalt, Ehrlichkeit und Persönlichkeit.
Er wollte, dass die Musik überall hinkommt und für jeden zugänglich ist.
Er liebte alles, was wahr und ganz war, so wie er selbst es war.
Alexis Domjan (ehemaliger Schüler) Wir alle wissen, was für ein wunderbarer Musiker Gilles war. Er war ein Künstler mit Leib und Seele. Pianist, Pädagoge, Regisseur, Poet mit seinen Fingern und seiner Feder. Sein ganzes Leben lang liebte er die Musik, gab sie weiter an seine Freunde, an seine Schüler und an das Publikum.
Gilles entdeckte das Klavierspiel im Alter von 9 Jahren im Unterricht bei Susanna Sierro-Rigoli. Später fing er an, am Conservatoire de Genève zu studieren, wo er seine ersten professionellen Prüfungen mit Bravour bestand.
Im Jahr 1987 erhielt das renommierte Gabrielle-Agostini-Stipendium.
Er bildete sich bei Edith Fischer – der künstlerischen Erbin von Claudio Arrau – weiter. Gilles schreibt: „Bei meiner wunderbaren Edith finde ich eine ganze Welt der musikalischen und pianistischen Reflexion.“ Bei ihr erwarb er 1991 das diplôme de virtuosité : premier prix avec mention très bien et félicitations du jury.
1990 trat er in das Neuenburger Musikkonservatorium ein, das er bis zu seinem Tod die Treue hielt. Im Rahmen des SMPV bildete er mit Leidenschaft junge Berufsmusiker aus. Immer wieder organisierte er „gemeinsame Kurse“ mit seiner Klavierklasse. Wunderbare Momente der Arbeit, des Austauschs, der Musik und auch des ges gemeinsamen Lachens…
Gilles trat in allen größeren Städten der Schweiz auf, aber auch in Frankreich, Belgien, Deutschland, Italien, Bulgarien – und sogar in den Gefängnissen von Bellechasse und Bochuz. Er wollte, dass die Musik überall hinkommt …
Er gab Hunderte von Recitals: Klavier solo, Kammermusik o der Orchesterkonzerte. Mit der Unterstützung seines Lebensgefährten Daniel spielte er regelmäßig im Elsass unter dem Banner „Musicademeure“, und er zögerte nie, ein spontanes Konzert zu igeben – wie im Juli 2024 in Bigton auf den Shetlandinseln. Als treuerTeilnehmer der Fête de la Musique in Genf, als Antrieb der Klavierklassen in Neuchâtel, Stammgast der Schubertiaden von Espace 2 und des Festivals von Blonay von Edith Fischer teilte er die Musik, wo immer er konnte…
Von 1996 bis 2001 moderierte er jede Woche eine populärwissenschaftliche Kolumne in der Sendung „Zig Zag Café“ des Westschweizer Fernsehens. Im Genfer Radiosender Radio-Cité brachte sein „17 heures“ die klassische Musik zum Strahlen. Der Sender Mezzo wählte ihn 2004 als roten Faden für den Dokumentarfilm „Helvetica , voyage musical en Suisse romande“ aus. Er war regelmässig Teil der Sendung Disque en Lice des Radiosenders La Première.
Gilles war auch für mehrere Operninszenierungen verantwortlich: Le Château de Barbe-Bleue von Bartók im Jahr 2001, La Voix humaine von Poulenc nach einem Text von Jean Cocteau im Jahr 2003, wobei er selbst den Klavierpart übernahm, und Ginevra degli Almieri, eine Kreation von Raffaello Diabrini-Palazzi, im Jahr 2004.
Gilles nahm zwei CDs auf: 1992 eine erste, die Schubert, D’Alessandro und Rachmaninow gewidmet war, und 1999 eine Hommage an Chopin, die in der salle de musique von La Chaux-de-Fonds aufgenommen wurde. Beide erhielten Lob für ihre immense künstlerische Qualität.
2007 war Gilles künstlerischer Leiter des Grieg-Festivals, das vom Neuenburger Konservatorium anlässlich des hundertsten Todestages des Komponisten organisiert wurde. Er trat dort auf und war für die Inszenierung von Peer Gynt verantwortlich.
2010 war er Vorsitzender des Vereins, der das Chopin-Schumann-Reinecke-Festival auf die Beine stellen sollte. Im Februar 2025 initiierte er einen wunderbaren musikalischen Abend auf Espace2, um den 90. Geburtstag von Edith Fischer zu feiern.
Gilles liebte es, sein Wissen und Können weiterzugeben. Er gab Kurse in Musikgeschichte für Amateurmusiker in Neuenburg und Genf, am Konservatorium, aber auch an der Seniorenuniversität. Er sagte, der Musiker müsse von seinem Elfenbeinturm herunterkommen. Deshalb erklärte er den historischen Hintergrund des Werks und des Komponisten, bevor er sich ans Klavier setzte: das war immer eine Bereicherung.
Gilles‘ Repertoire war sehr umfangreich. Er schrieb: „Alles, was ich spiele, ist mir am liebsten“. Er fuhr fort: „Interpretieren ist in meiner Art, Musik zu leben, das Mittel, um diese wunderbaren Komponisten als lebende Freunde zu präsentieren.“Natürlich ist da Mozart: „Im Herzen tief menschlichmit Licht und Schatten“, schrieb er. Er liebte auch die Raffinesse von Chopin und Grieg. Und natürlich vergass er nicht all die großen Komponisten, die er größtenteils interpretierte: Schubert, Beethoven, Schumann, Brahms, Rachmaninow, Bach, Bartók, Haydn, Franck, Debussy, Fauré, Dvorák, Ravel, Vierne, Sibelius, Mussorgsky,Gilles liebte es auch zu schreiben, er verfasste über dreißig Gedichte.
Mit der tiefen Menschlichkeit, die er ausstrahlte, lebt Gilles in uns weiter. Sein Credo ist nicht nur das des Musikers, sondern das des großzügigen und engagierten Menschen, der er war: „Musik ist für alle da und muss überall hingelangen“.
Monique Buunk Droz (ehemalige Prüfungsleiterin des SMPV in der Romandie) Ein humanistisch gebildeter, strahlender, großzügiger Künstler mit vielseitiger Kultur und Raffinesse – das ist es, was wir von Gilles Landini in Erinnerung behalten werden, der uns ein grossartiges Erbe seines Lebens hinterlässt. Die grosse Trauergemeinde, die ihm am Mittwoch, dem 9. Juli, in Veyrier die letzte Ehre erwies, war ein Beweis dafür.
Ich behalte unsere Zusammenarbeit bei den SMPV-Prüfungen in bester Erinnerung und denke daran, wie er die Kandidaten stets herzlich und respektvoll behandelt hat. Ebenso erinnere ich mich gerne an unsere Sendungen bei Radio-Cité
Ich zitiere die Meldung des Conservatoire de Neuchâte:
„Ein Mann, der viel mehr war als nur ein Lehrer.“
So erinnern sich mehrere seiner Schüler an Gilles Landini, der am Montag gegen 12.30 Uhr nach einer Operation plötzlich verstorben ist.
Das Conservatoire de musique neuchâtelois möchte das unermüdliche Engagement dieses Pädagogen würdigen, der insbesondere ein tiefes Einfühlungsvermögen für all jene hatte, die eine besondere Unterstützung benötigten.
Er ist zum „Pianisten der Engel“ geworden.