Albert Edelmann und seine Instrumente

Albert Edelmann brachte seinen Schülerinnen und Schülern das Toggenburger Liedgut, aber auch das Halszitherspiel näher. Seine Instrumentensammlung wurde im ausgebauten Ackerhaus in Ebnat-Kappel jetzt wieder zugänglich gemacht.

Das Gebäude von 1752 mit dem neuen, mit Schindeln verkleideten Musikraum. Foto: Jost Kirchgraber,Foto. Jost Kirchgraber,Foto: Stefan Rohner

Albert Edelmann (1886–1963) verstand es während seiner rund fünfzigjährigen Lehrtätigkeit im Bergschulhaus Dicken bei Ebnat-Kappel, seinen Bildungsauftrag weit zu fassen. Im Werkunterricht reparierte der engagierte Heimatpfleger mit den Schulkindern nämlich ländliche Gebrauchsgegenstände aus dem Toggenburg und Halszithern: Saiteninstrumente aus einem flachen, tropfenförmigen Resonanzkasten und einem griffbrettbelegten Hals. Ida Bleiker, Edelmanns ehemalige Schülerin und langjährige Haushälterin, hatte sich einige Griffe auf dieser volkstümlichen Cister angeeignet und zeigte den Bauernbuben und -mädchen die Spielweise. Und wenn «der Lehrer», wie man den beliebten Schulmeister allgemein nannte, das Spielen und Singen traditioneller Toggenburger Lieder auf einer der sieben Hausorgeln, die man ihm gebracht hatte, begleitete, wurden die jungen Leute musikalisch gefördert, lange bevor die Musikpädagogik in der Volksschule etabliert war.

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Sogenannter Pfingstrosen- maler: Spielerin der Toggen- burger Halszither. Bettstatt von 1784 im Ackerhaus.

Nach der Pensionierung zogen Albert Edelmann und Ida Bleiker zusammen mit über 2000 volkskundlichen Objekten – unter ihnen über vierzig Halszithern, ein Hackbrett, mehrere Holzblasinstrumente, ein Hammerklavier von Ulrich Ammann (1820) und die erwähnten Orgeln – in ein aus Oberhelfenschwil nach Ebnat-Kappel versetztes Toggenburger Haus von 1752 und richteten sich in einem einzigartigen Wohnmuseum ein. Kurz vor seinem Tod gründete der Hausherr mit ehemaligen Schülerinnen und Schülern die Toggenburger Halszithergruppe, die noch heute einmal im Monat im Ackerhaus zum Singen und Spielen der immer gleichen Toggenburger Lieder – sie liegen mittlerweile in sechster Auflage vor – zusammenkommt.

Nach Lehrer Edelmanns Tod wirkte Ida Bleiker während über zwanzig Jahren als Kustodin und führte mit verblüffendem Detailwissen und natürlicher Lebendigkeit von Exponat zu Exponat, spielte einen Psalm auf der Hausorgel von Melchior Grob aus dem späten 18. und den Miltärmarsch von Franz Schubert auf dem Klavier mit Janitscharenzug aus dem 19. Jahrhundert oder zupfte Vaters Jödeliwalzer auf einer Halszither. Kurz vor ihrer Pensionierung lernte die rührige Frau, die sich in der Gesamtschule nur bescheidene Kenntnisse der französischen Sprache aneignen konnte, Englisch, um auch fremdsprachige Besucher im Heimatmuseum herumführen zu können. Als Ida Bleiker, die 1985 mit dem Kulturpreis des Kantons St. Gallen ausgezeichnet wurde, ins Altersheim zog, sollte ein Stück Schweizer Museumsgeschichte zu Ende gehen. Dem durch eine Stiftung getragenen Ackerhaus drohte in den folgenden Jahren die Schliessung.

Der Historiker Jost Kirchgraber begann vor wenigen Jahren, vorerst im Alleingang, bald aber mit Unterstützung von Mitgliedern des Stiftungs- und Gemeinderates, für eine Erneuerung des Ackerhauses zu kämpfen. Edelmanns stimmungsvolles Musikzimmer wurde abgerissen und durch einen grösseren Kuppelraum ersetzt. In diesem durch lokale Zimmerleute gebauten, akustisch ausgezeichneten kleinen Saal stehen die meisterhaft restaurierten Hausorgeln von Melchior Grob (1793) und Heinrich Ammann (1807) zum Spiel bereit. Die angrenzende Biedermeierstube, Teil des neu gestalteten Lokalmuseums, ist nach Bedarf als Trauzimmer gedacht.

Die tüchtigen Mitglieder der Arbeitsgruppe freuen sich auf heitere Festgemeinden und auf Musikfreunde, die dem Klang der hellen Bauernorgeln und anderen Hauskonzerten lauschen.

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Der im November 2015 eröffnete neue Musikraum mit den Hausorgeln von Melchior Grob (1793, links) und Heinrich Ammann (1807, Mitte).

Mit dem erneuerten Ackerhaus in Ebnat-Kappel, der KlangWelt Toggenburg (Kurse, Naturstimmen-Festival, Klangschmiede und Klangweg) und dem neuerdings um die St. Galler Volksmusik erweiterten Zentrum für Appenzeller und Toggenburger Volksmusik im Roothus Gonten ist es um die Dokumentation, Pflege und Belebung der traditionellen Toggenburger Musik sehr gut bestellt.

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