Die digitalen Kanäle rücken in den Fokus

Angesichts der Corona-Krise musste auch m4music abgesagt werden, sogar die Pläne für eine digitale Teilausgabe. Dennoch oder gerade deshalb will sich das Popmusikfestival in den kommenden Monaten für die Schweizer Musikszene einsetzen.

Bekanntermassen hat das Corona-Virus das öffentliche Kulturleben in der Schweiz nahezu zum Erliegen gebracht. Dem Musikfestival des Migros-Kulturprozents m4music hat die Pandemie sogar zweimal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zwei Wochen vor Beginn wurde bekannt, dass die 23. Ausgabe, ursprünglich geplant vom 19. bis 21. März, aufgrund behördlicher Vorgaben abgesagt werden muss. «Eine Durchführung ist nicht zu verantworten», war der Medienmitteilung zu entnehmen.

Planung im Rhythmus der Ereignisse

Völlig geschlagen geben wollten sich die Macherinnen und Macher zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht. Folgerichtig verkündete man: «Aus m4music 2020 wird m4music 2.0.» Statt ein dreitägiges Festival für 6000 Besucherinnen und Besucher wurde nun ein Livestream für die Daheimgebliebenen geplant. Angedacht war ein Mix aus Musik, Paneldiskussionen und der sogenannten Demotape Clinic – dem Nachwuchswettbewerb für Schweizer Popmusik. Bereits elf Tage später war auch dieses Vorhaben bereits Geschichte. «In Anbetracht der aktuellen Situation und der neusten Vorgaben des Bundesrates ist die Durchführung einer Veranstaltung wie des Streaming-Festivals m4music 2.0, für das über 50 Mitarbeitende und Gäste aus verschiedenen Teilen der Schweiz anreisen würden, nicht zu verantworten», liess die Festivalleitung verlauten.

Deswegen klein beizugeben stand für m4music aber nicht zur Diskussion. Festivalleiter Philipp Schnyder von Wartensee versprach: «Allen Umständen zum Trotz wollen wir der Schweizer Popmusik eine Plattform bieten und in den kommenden Wochen auf unseren digitalen Kanälen eigens produzierte Inhalte für Musikfans und Professionals zur Verfügung stellen.» Tatsächlich kam es am 21. März – dem ursprünglichen Festivalsamstag – zu einem ersten Online-Panel unter dem Titel Totalausfall – Die Musikszene in Zeiten des Corona-Virus. Rund 350 Teilnehmende hätten die Diskussion auf Facebook oder Zoom live verfolgt und die Klickzahlen der Aufzeichnung auf Youtube würden laufend steigen, erklärt Philipp Schnyder auf Anfrage. «Damit dürfen wir zufrieden sein.»

Aktualität bestimmt die Diskussionsthemen

Auf die Auswirkungen der Festivalabsage angesprochen, erläutert er: «Das m4music ist der wichtigste Treffpunkt für die Schweizer Indie-Musikszene. Dementsprechend schmerzhaft war der Schritt.» Aber man müsse sich gleichzeitig darüber im Klaren sein, dass für die Vertreter der hiesigen Musikszene aktuell andere Fragen im Vordergrund stünden. Folgerichtig widmete sich das oben genannte und nach wie vor auf Youtube präsente Online-Panel bewusst auch diesen Problemen. Diskutiert wurde etwa die existenzielle Not, in die Musikschaffende bei ausbleibenden Gagen geraten und immer mehr Clubs und Festivals angesichts des Veranstaltungsverbots.

Doch zurück zum m4music: Laut Schnyder sei man momentan noch damit beschäftigt, die finanziellen Auswirkungen der Festivalabsage zu analysieren. Es handle sich um einen aufwendigen Prozess, der zudem juristische Abklärungen erfordere. «Dabei ist es nicht das Ansinnen von m4music und dem Migros-Kulturprozent, finanziell möglichst gut wegzukommen.» Eine Haltung, die das Festival einnehmen kann, weil es trotz Absage grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird. «Wir sind sehr gut positioniert und gehen davon aus, dass das m4music im kommenden Jahr wieder stattfinden wird», erklärt Schnyder. Eine Verschiebung des diesjährigen Festivals – etwa in den Herbst – wurde nicht in Erwägung gezogen. «Das wäre zu kostspielig gewesen», so der Festivalleiter.

Weitere Panels und Demotape Clinic online

Klar sei, dass man auch ohne m4music 2020 der Schweizer Musikszene behilflich sein wolle. «Derzeit sind wir noch am Überlegen, wie wir uns positionieren wollen, um die einheimische Szene bestmöglich zu unterstützen», berichtet Schnyder. Weil das Schweizer Radio und Fernsehen bereits mit allerlei Streams aktiv ist, plant m4music, sich anderweitig zu engagieren. So wird sich das nächste Online-Panel am 16. April 2020 des Themas Multikulti würkli(ch)? – Über Migration, Kultur und Diversität annehmen. Im Fokus der Diskussionsrunde steht die Erkenntnis, dass unsere Gesellschaft von Migration geprägt ist. Doch obschon mehr als 50 Prozent der 15- bis 35-Jährigen in der Schweiz einen Migrationshintergrund haben, lässt sich dies beispielsweise in den Feuilletons kaum erkennen. Was zur Frage führt, warum hierzulande die multikulturelle Musikszene nicht stärker im Rampenlicht steht.

Ebenfalls noch im April wird die Demotape Clinic erstmals digital durchgeführt. Die vier Kategoriensieger und der Gewinner des Demo of the Year werden am 28. April online verkündigt. Und im Hintergrund beginnen bald wieder die Vorbereitungen fürs m4music 2021, wie Philipp Schnyder weiss: «Wir starten schon jetzt wieder mit dem Booking!»

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