Theodor Fröhlichs erste Weihnachtsmusik

Seit ihrer Uraufführung zu Lebzeiten des Aargauer Komponisten lag die frühere seiner «Weihnacht-Cantaten» im Archiv. Unter der Leitung von Luiz Alves da Silva erlebte sie nun ihre zweite, erweiterte Aufführung.

Bild: zVg/froehlich-gesellschaft.com

Der Frühromantiker Friedrich Theodor Fröhlich (1803–1836)  wird auch als «Schweizer Schubert» bezeichnet. Wie dieser hat er das Klavierlied bevorzugt, darunter auch umfangreiche Liederzyklen, virtuose Klavier- und Kammermusik. Die hohe musikalische Begabung des in Brugg geborenen Lehrerssohn wurde früh erkannt und gefördert. Dank eines Stipendiums des Kantons Aargau konnte er in Berlin Musik studieren.

Die dortige rege Musikszene inspirierte den Schweizer. Er erlebte mit, wie der 20-jährige Mendelssohn Bartholdy 1829 mit der Berliner Singakademie Bachs Matthäuspassion aufführte. Doch er selbst konnte als Komponist in der Grossstadt nicht wirklich Fuss fassen, er kehrte etwas frustriert nach Hause zurück.

Seinen ersten Berlin-Aufenthalt (1823/24), damals noch als Jurastudent, hatte Fröhlich krankheitshalber unterbrechen müssen. Er wohnte wieder in Brugg, als er 1825 diese Weihnacht-Cantate, wie er sie nannte, komponierte und dort wahrscheinlich auch aufführte. Die Aufführung am 29. November 2025 mit Luis Alves da Silva und seinem Vokalensembles Ton an Ton ist demnach die zweite – nach genau 200 Jahren. Entdeckt hat da Silva die Kantate in Fröhlichs Nachlass, der in der Universitätsbibliothek Basel liegt.

Einfacher, weniger exaltiert und doch anspruchsvoll

Das Original dieser Weihnacht-Cantate ist für eine abendfüllende Aufführung zu kurz. So hat da Silva die Partitur nicht nur auf Computer übertragen, er hat sie auch mit sechs weiteren Nummern aus Fröhlichs Feder ergänzt. Es handelt sich um zwei weihnachtliche Klavierlieder, das Terzett Die heiligen drei Könige und um zwei Chorsätze aus Fröhlichs späterer Weihnacht-Cantate von 1830.

Diese zweite Kantate wurde 2023 in der Kirche Brugg aufgeführt. Michael Kreis interpretierte sie mit dem Vokalensemble Cantemus. Sie ist im Vergleich zur wiederentdeckten früheren nicht nur deutlich ausufernder, sie ist auch ein formales Kuriosum. (Anm. Red. siehe Rezension SMZ 12/2021, S. 22). Darüber hinaus ist sie für eine Weihnachtskantate ungewohnt dramatisch.

Die frühere Kantate ist schlichter und in der Besetzung weniger exaltiert. Man erkennt bereits die sprudelnde Fantasie des 23-Jährigen, seine innige Musikalität und die Vorliebe für den fugierten Satz. Die Ansprüche an den Chor sind hoch. Das Vokalensemble Ton an Ton vermochte in Windisch die extrem weiten Lagen intonationssicher zu meistern. Und es wusste den freudigen Gestus dieser Musik ansprechend zu vermitteln.

Altmodische Sprache, heitere Musik

Besonders auffällig in Fröhlichs Chorwerken ist die Klavierbegleitung. Dieser Part ist immer technisch fordernd und hochvirtuos – Fröhlich war eben auch ein brillanter Pianist. Im Konzert in Windisch begleitete der Pianist Daniel Schnurrenberger mit engagierter Hingabe, technisch souverän und ausdrucksstark.

Die drei Solopartien hat da Silva mit lauter Männerstimmen besetzt, die höchste Partie sang der Altus Jonathan Kionke. Einleuchtend war dies vor allem im eingefügten Terzett Die heiligen drei Könige (Nr. 4) auf einen humorvollen Text von Johann Wolfgang von Goethe. Die drei Sänger – neben Kionke auch der Tenor Rafael Oliveira und der Bassbariton Guilherme Roberto – gaben diese «scheinheiligen» Könige mit charmantem Augenzwinkern.

Goethes Text stach auch deshalb hervor, weil der eigentliche Kantatentext von Fröhlichs Bruder Abraham Emanuel (1796–1865) stammt. Dieser war Theologe und Altphilologe. Als ihm, dem rebellischen Freigeist, das Pfarramt in Brugg verwehrt wurde, übernahm er ein Lehramt an der Kantonsschule Aarau. Er schrieb viele, vor allem vaterländische Gedichte, aber auch bitterböse Fabeln. Sein Stil wirkt auch in dieser Kantate eher altmodisch. Dies tat Theodor Fröhlichs freudiger Weihnachtsmusik jedoch keinen Abbruch, das Publikum war begeistert.

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