Junge Chöre, grosse Klasse

Ein Fest der Musik, ein Fest des Singens, ein Fest der Freude, so könnte man die 13. Ausgabe des Europäischen Jugendchorfestivals umschreiben, das über die Auffahrtstage Basel erfüllte.

EJCF 2023: «Body Percussion en gros» auf dem Münsterplatz Basel. Foto: Ueli Renggli

Vor fünf Jahren konnte das Europäische Jugendchorfestival Basel letztmals in vollem Umfang mit internationalen Chören ausgetragen werden. Nach einer langen (Corona-)Durststrecke war es nun endlich wieder so weit: An fünf Tagen konnte man Jugendchöre aus aller Welt erleben. Der Publikumsansturm war gross, insgesamt besuchten gegen 40 000 Personen die Anlässe.

«Offensichtlich ist das Bedürfnis nach Jahren des Verzichts riesig», hiess es von den Veranstaltern. Zu erwähnen ist auch das seit den letzten Festivals gewachsene Vertrauen in die hohe Qualität des Gebotenen, das zum Besuch anspornte. Und nicht zuletzt die hervorragende Organisation des Grossanlasses.

Von Belgien bis auf die Philippinen

Insgesamt 19 Chöre aus Belgien, Finnland, Frankreich, Georgien, Irland, Israel, Lettland, Litauen, Polen, Serbien, der Ukraine, der Schweiz und den Philippinen zeigten ihre Darbietungen. Viele davon begnügten sich nicht mit dem Singen. Oft war eine Choreografie dabei, die dem Ganzen zu noch mehr Ausdruck und Stimmung verhalf.

Der Kinder- und Jugendchor Baao aus den Philippinen präsentierte eine spannende Mischung aus Rhythmus und Melodie, mit Stampfen auf den Boden, Schlagen auf die Arme oder Oberschenkel und seltsam berührenden Weisen. So erinnerte das Solo eines Mädchens an einen Betruf, und unterstützt von Bamboo-Instrumenten entführte der Chor das Publikum mit täuschend echten Regengeräuschen und Vogelgezwitscher in einen tropischen Regenwald.

Die Vorführung gehörte zum «Länderfokus», bei welchem auch Jugendchöre aus Georgien und Finnland ihre Musikkultur vorstellten. «Dieses Format gab es schon immer», erklärt Festivalleiterin Kathrin Renggli, «neu ist, dass wir das Gewicht mehr auf Öffnung legen. Früher fanden diese Anlässe in der Musikakademie statt und waren intellektueller ausgerichtet. Diesmal bilden wir Kooperationen mit hier lebenden Personen des jeweiligen Landes.»

Selber mitmachen

Eine Idee, die Anklang fand, es mussten bis zu 300 Besucher abgewiesen werden. Wer einen Platz ergatterte, konnte nicht nur die Chöre geniessen, sondern auch selber kurze Lieder erproben, Tänze einüben und Kulinarisches aus dem jeweiligen Land kosten. Überhaupt gab es viele Mitmachgelegenheiten. Den Höhepunkt bildete «Body Percussion en gros» auf dem «platschvollen» Münsterplatz, bei dem Tausende Menschen sich im gemeinsamen Rhythmus bewegten.

Wie ist denn die Situation der Jugendchöre nach der Pandemie international einzustufen? Rengglis Antwort kommt sofort: «Auf diesem Niveau ist kein Chor auseinandergebrochen. Natürlich gab es auch bei diesen Schwierigkeiten. Etliche Nachwuchsjahrgänge fielen aus, weil einfach nicht mehr gesungen werden konnte.» Der Kinderchor Zvezdice aus Serbien beispielsweise hat ein «Dreijahresloch» zu verkraften und reiste daher mit weniger Kindern an, als vorgesehen. Anders der phänomenale Chor Shchedryk aus Kiew, der mit gegen 40 aus der dortigen Chorschule ausgewählten Mädchen unter der Leitung von Marianna Sablina Chormusik aus Klassik und Folklore präsentierte.

Vom Zäuerli bis zu Zeitgenössischem

Die Interpretation von traditionellen Jodelliedern ist das Anliegen des Jugendchors Jutz. Auf welch hohem Niveau und mit welcher Inbrunst sich das Ensemble dieser oft als altmodisch abgestempelten Musik widmet, bewies es in der Peterskirche. Erzählt wurde die Geschichte vom Maiteli und dem Büäbli, die sich an der Chilbi begegnen. Den Auftakt machte ein Zäuerli, dann wurde von Müntschi und Heimetli gesungen. Schliesslich durfte auch ein kleines Tänzli nicht fehlen.

Die Vielfalt an Musikstilen und die Menge an hochstehenden musikalischen Darbietungen war enorm. Die meisten Chöre seien eingeladen worden, führt Kathrin Renggli aus: «Ich kenne die Chöre und habe sie besucht, und ein grosses Netzwerk hilft mir mit Empfehlungen.» Aber es gebe auch Bewerbungen, so vom Knabenchor Mdzlevari aus Georgien.

Eine Kostprobe seines Könnens bot der Chœur national des jeunes de France beim Lunchkonzert in der Clarakirche. Schon der Einstieg mit dem Chanson triste von Henri Duparc in getragenem, mehrstimmigem Gesang und der girlandenstarken Klavierbegleitung durch Hervé Noirot liess in seiner Durchhörbarkeit aufhorchen. Mit lupenreiner Diktion gelang Mendelssohns Verleih uns Friede. Höhepunkt war unbestritten Seán Dohertys (geb. 1987) sehr schwieriger Under-Song: Die jungen Frauen und Männer entwickelten, im Halbkreis im Kirchenraum um die Sitzbänke herum stehend und damit jede Stimme für sich allein, einen differenzierten und soghaften Gesang. Professionell geführt wurden sie durch ihren renommierten Schweizer Dirigenten Dominique Tille. «Ohne exzellente Chorleiterinnen und Chorleiter wären solche Leistungen nicht möglich», stellt Kathrin Renggli als Fazit fest. Das Festival hat gezeigt, wie faszinierend und geschätzt Chormusik bei Ausführenden wie bei Besuchenden ist.

EJCF 2023: Der Mädchenchor Shchedryk aus der Ukraine am Schlusskonzert. Foto: Knud Schulz

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