Nach der Pandemie mehr Kultur und Musik – erst recht!

Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass der Nachholbedarf für die berufliche Sicherheit sowie die Sicherung von gerechten Gagen, Löhnen und Abgeltungen aber auch für angemessene kulturpolitische Rahmenbedingungen gross ist. Die Krise hat die Bevölkerung und die Politik für die Musikberufe sensibilisiert. Die Pandemiemassnahmen behandelten – erstmals! – die künstlerischen Berufe wie andere Erwerbsbranchen. Darauf will SONART aufbauen.

Die Menschen haben Freude an Musik – und meinen, weil auch die Musiker*innen Freude daran haben, sei die Frage von Lohn und sozialer Sicherheit unwichtig. Im Gegensatz zu vielen anderen Berufen hat der Musikberuf wenig monetären Wert: Wenn ich einen Handwerker anstelle, um eine Reparatur vorzunehmen, bezahle ich gut und gerne 125 CHF pro Stunde. Wenn ich eine Musikperson für ein Konzert suche, empfinde ich eine Gagenforderung oftmals bereits schon irritierend. Und öffentliche Kulturausgaben in den Gemeinden und Kantonen sind immer zuerst dran, wenn es ums Sparen geht. Kultur und Musik erzeugen zwar hohe gesellschaftliche Werte, Musikprestige soll aber möglichst wenig kosten.Zum Glück haben angestellte Orchestermusiker*innen oder Musiklehrpersonen an einer Schule vertraglich erkämpfte und einigermassen gesicherte Gehaltsbedingungen – ähnlich den Lehrpersonen an öffentlichen Schulen.
Gemäss der 2021 veröffentlichten Einkommensstudie von Suisseculture Sociale sind knapp die Hälfte der Musikschaffenden aus der Schweiz selbständig erwerbend. Doch ob freischaffend oder teilselbständig mit Nebeneinkünften aus Kleinstpensen, sie alle sind auf gute Rahmenbedingungen angewiesen, um ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen. Dank der Covid-19 Nothilfe konnten viele aufgefangen werden, die ansonsten durch die Maschen gefallen wären. Manche suchten sich andere Tätigkeiten und/oder mussten ihr Erspartes aufbrauchen.
Damit sind viele nach dem sogenannten Ende der Pandemie noch lange nicht fit, um wieder auf den Markt zu kommen: Nach wie vor sind Veranstaltende aller Sparten zurückhaltend, ebenso braucht es zur Publikumsrückgewinnung sehr viel Zeit und Aufwand. Teilweise senken gleichzeitig die öffentlichen Kulturförderer wie Kantone und Städte gerade ihre Kulturbudgets. So aktuell etwa die Stadt Bern. Das wird unweigerlich Auswirkungen haben auf das Kunstschaffen und die kulturelle Vielfalt generell, auch wenn Ankündigungen der öffentlichen Hand, angemessene Honorare und Sozialleistungen nun beim Leisten von Finanzhilfen stärker zu gewichten, sicherlich positiv zu bewerten sind.

Gegen Selbstausbeutung
Viele Musiker*innen, aber auch viele Kulturveranstaltende, stehen vor der absurden Situation, unter selbstausbeuterischen Bedingungen zu produzieren: «Wer die tiefste Gage anbietet, kriegt den Job», sagt mir ein Jazzmusiker mit einem Achselzucken.
Deshalb schreibt sich SONART auf die Fahne, dass in allen Bereichen der freien Musiktätigkeit entsprechende Honorarrichtlinien noch in diesem Jahr erarbeitet werden. Letztlich ist es im Interesse der ganzen Szene, dass überall faire Bedingungen herrschen und professionelle Qualität ihrem Wert entsprechend abgegolten wird.

Das Big Business ist anderswo
Das globale Musikbusiness ist eine Geldmaschine, aus der sich aber nur ganze wenige, privilegierte Musiker*innen in allen Sparten bedienen. Das meiste Geld hingegen fliesst nicht an die Künstler*innen, sondern zu Produzent*innen, Streaming-Plattformen, Vertriebskonzernen, Aktionär*innen.
Deshalb stehen Themen wie Abgaben auf globalem Streaming und deren Einsatz für die einheimische Musikförderung – analog der soeben vom Schweizer Volk beschlossenen «Lex Netflix» – bei SONART weit vorne auf der Politagenda.

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