Sonate für Klavier Nr. 30

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die Sonate für Klavier E-Dur op. 109.

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Es gibt die, die immer pünktlich sind. Sie liefern ihre Arbeit in einem ordentlichen Zustand vor der Zeit oder auf den Punkt ab, und sie hinterlassen auch den Eindruck eines vollkommen geregelten Lebenswandels. Und es gibt die, die einfach immer etwas länger brauchen. Leicht fällt dann das böse Wort vom Prokrastinieren, dabei geht es hier um eine spezielle Form der Kreativität, die nicht den Reiz des «letzten Moments» auskostet, wohl aber erst unter erhöhtem Druck zu den allerbesten Ergebnissen kommt. Ganze Opernouvertüren sind mit dieser verbreiteten Schaffens-Disposition über Nacht gerade noch rechtzeitig fertig geworden. Bis am Ende aber alles gut wird, muss vielfach im Terminkalender geschoben, vertröstet und entschuldigt werden. Auch Beethoven zählte nicht zu den pünktlichsten Komponisten. Nachdem er den Berliner Verleger schon bei den Schottischen Liedern op. 108 hingehalten hatte, verzögerte sich auch die Ausarbeitung der nicht nur nach aussen hin als Gruppe verstandenen Sonaten op. 109, op. 110 und op. 111. Noch am 31. Mai 1820 hatte er alle Werke für Juli angekündigt – passiert war freilich wenig. Auch die gutwillige Erinnerung im August durch den befreundeten Franz Oliva half nur wenig («auf die Sonate nach Berlin müssen Sie denken»). Schliesslich sah sich Beethoven gezwungen, dem Verlag Auskunft über den Stand der Arbeit zu gewähren – mit bekannten Schlüsselwörtern und Formulierungen, die sich in solchen Situationen über die Jahrhunderte kaum verändert haben: «Mit den 3 Sonaten wird es schneller gehen als zuletzt mit op. 108; – die erste ist fast bis zur Correctur ganz fertig, und an den beyden lezten arbeite ich jetzt ohne Aufschub.»

Das Warten hat sich freilich gelohnt. Schlesinger bekam Anfang 1821 endlich die versprochene Stichvorlage, vor allem aber Werke, die am Ende von Beethovens Sonatenschaffen konzeptionell einen Aufbruch darstellen. Im Fall der E-Dur-Sonate op. 109 mit einem Kopfsatz, der nicht nur kleinformatig ist, sondern sich auch mit seinen fantasiehaften Adagio-Einschüben von der gängigen Struktur entfremdet, einem forschen, durchkomponierten Scherzo in Moll und einem Variationssatz, der sich mit seinen mehr oder minder deutlichen Rückbezügen alsbald als Finale erweist. Er bildet den Kern der Komposition, auch und gerade mit seinem berührenden Ausdrucksgehalt: Gesangvoll mit inniger Empfindung.


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