Rondo a capriccio «Wut über den verlorenen Groschen»

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf das Rondo a capriccio für Klavier in G-Dur «Wut über den verlorenen Groschen».

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Einkaufszettel gab es schon vor Hunderten von Jahren. Allerdings gehören sie zu einer Textsorte, die nach kürzester Zeit ihren Zweck verliert. Dann wird das Stück Papier zerknüllt, zerrissen oder einfach achtlos weggeworfen. In früheren Zeiten fand es im besten Falle noch als Zunder Verwendung, heute ist es längst Objekt kulturgeschichtlicher Forschung. Auch Beethoven benutzte derartige Listen. Im Jahr 2011 kam ein solch rarer Zettel für 74 000 Euro unter den Hammer. Der darauf für die Haushälterin notierte Bedarf war mit Sicherheit um ein Vielfaches günstiger. Es geht um eine «MäuseFall», eine «ZündMaschine», «WaschSeife» und drei «BalbierMeßer», ausserdem findet sich der Vermerk «Bejm Met Uhrmacher / ihr / Metronom».

Beethoven würde über diesen Preis erstaunt gewesen sein. Möglicherweise hätte er auch selbst in diese Wertanlage investiert. Denn im Gegensatz zu manch anderen Komponisten und Musikern wusste er sehr wohl mit Geld umzugehen, es zumindest richtig «einzusammeln». Bereits 1809 wurde zu seinen Gunsten ein Rentenvertrag abgeschlossen; die eigenen Werke verkaufte er nie unter Wert; Widmungen an hochgestellte adelige Persönlichkeiten wurden in der Regel finanziell honoriert. Es scheint aber, dass Beethoven über sein tatsächliches Vermögen nie einen rechten Überblick hatte. Jedenfalls war er modern, risikofreudig und von seinem Freund Franz Oliva gut beraten worden, als er am 13. Juli 1819 bei der nach den auszehrenden Kriegsjahren neu geschaffenen «privilegierten oesterreichischen National-Bank» Aktien im Wert von knapp 10 000 Gulden Wiener Währung erwarb – umgerechnet etwa 86 000 Franken. Für damalige Verhältnisse, zumal bei einem Komponisten, ein ansehnliches Vermögen, das später den Neffen Karl und dessen Kinder versorgen sollte. Dass Beethoven mit der zweimal jährlich ausgezahlten Dividende im wahrsten Sinne des Wortes «rechnete», belegt die Nachschrift eines Briefes vom 8. Februar 1823 an den Oberbuchhalter Franz Salzmann: «ich bitte sie, was die allerliebste dividende anbelangt, doch zu sorgen, daß ich es heute oder Morgen erhalten kann, denn unser einer bedarf immer Geld, u. alle Noten, die ich mache, bringen mich nicht aus den Nöthen!!»

Da beruhigt es, dass der Titel zu einem der bekanntesten Klavierstücke, nämlich Die Wuth über den verlornen Groschen, ausgetobt in einer Caprice, vermutlich von Anton Schindler stammt. Er findet sich schon in einer erläuternden Fussnote der 1828 posthum erschienenen Erstausgabe – während Beethoven das um 1794/95 entstandene charakteristische Rondo lediglich mit Alla ingharese quasi un Capriccio überschrieben hatte. So oder so zählt an dem Satz vor allem der musikalische Witz. Als im Jahre 1835 Robert Schumann die Komposition unter seine Finger bekam, notierte er voller Vergnügen in der Neuen Zeitschrift für Musik: «Etwas Lustigeres gibt es schwerlich, als diese Schnurre, hab’ ich doch in einem Zuge lachen müssen, als ich’s neulich zum erstenmale spielte.»


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