Ein schmales Buch, das umfassend berichtet.

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Der deutsche Gitarrist und Musikwissenschaftler Jörg Jewanski ist auch bei uns kein Unbekannter. So schrieb er in der Schweizer Musikzeitung über das Projekt «Klang-Farbe-Synthese» der Züricher Musikhochschule (SMZ 5/2005) und publizierte zusammen mit Natalia Sidler den dazugehörigen Band Farbe – Licht – Musik. Synästhesie und Farblichtmusik (Peter Lang, Bern 2006). Für den Bärenreiter-Verlag verfasste er nun im Rahmen einer neuen Serie von Instrumentenporträts ein Buch über die Gitarre. Nun gibt es ja kaum ein anderes Instrument in derart vielen verschiedenen Erscheinungsformen. Trotzdem schafft es Jewanski, der von der klassischen Konzertgitarre herkommt, über Geschichte, Interpreten und Instrumente zwar kurz und knapp, aber doch umfassend zu berichten.

Stilistisch unterscheidet der Autor zwischen Klassik, Flamenco, Blues, Jazz, Fingerstyle, Rock und Weltmusik – eine bemerkenswerte Einteilung, die sicherlich anfechtbar wäre, die aber im Zusammenhang mit der Gitarre recht gut funktioniert. Glücklicherweise widersteht er der Versuchung, alle Verästelungen der Entwicklung dieses Instruments detailliert nachzuzeichnen oder jeden einigermassen prominenten Gitarristen zu erwähnen. Vielmehr hat er den Mut, Schwerpunkte zu setzen, Besonderes herauszustreichen und das Risiko einzugehen, auch mal etwas unter den Tisch fallen zu lassen, was jemand anders vielleicht als wichtiger eingestuft hätte. Immerhin erfahren wir, als kleines Beispiel, neben Bemerkungen zu Blowin‘ in the wind und The house of the rising sun auch einiges über das heute noch avantgardistisch wirkende Stück Salut für Caudwell von Helmut Lachenmann aus dem Jahr 1977.

Zahlreiche Bilder unterstützen die sorgfältige Aufmachung des schmalen Werks. Klein gedruckte Einschübe liefern zusätzliche Erklärungen, und wer noch mehr zu einem speziellen Thema in Erfahrung bringen möchte, erhält zahlreiche Buch-, CD- und Internet-Tipps. Eingestreute Interviews mit arrivierten Interpreten wie Hopkinson Smith und Reinbert Evers sowie mit zwei Gitarrenbauern ergänzen den Inhalt. Das Buch verzichtet auf einen enzyklopädischen Anspruch und ist deshalb trotz der fast übertriebenen Vielfalt der Textaufbereitung und trotz der vielen Informationen sehr angenehm zu lesen.

Jörg Jewanski, Portrait Gitarre, Kultur, Praxis, Repertoire, Interpreten, 156 S., € 27.95, Bärenreiter, Kassel 2011, ISBN 3-7618-1843-5
 

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