Fortwährende Umarbeitung

Bertrand Jaeger hat eine Fülle von Angaben zu den Manuskripten, Erstdrucken und annotierten Ausgaben Chopins zusammengetragen. Reiche Bibliografien vervollständigen die Publikation.

Im Rahmen der Publikationen der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft als Band 60 in der Serie II veröffentlicht, vermittelt dieses vielseitig gegliederte, klar strukturierte Buch in französischer Sprache den neuesten Stand der internationalen Chopin-Forschung, die grundverschiedenen Themen gilt. Im Zentrum steht die Beschreibung der Manuskripte sowie der hauptsächlich in Frankreich, Deutschland, Österreich und England erschienenen Erstdrucke. Ein spezielles Kapitel ist den Erstdrucken aus der Schweiz und aus Mailand gewidmet.

Da Chopin häufig Änderungen am gedruckten Notentext vornahm und mit mehreren Varianten an einem eigentlichen Work in progress beschäftigt war, lässt sich eine eindeutige Chronologie der undatierten veränderten Ausgaben nur sehr schwer ermitteln.

Als promovierter Ägyptologe hat der 1945 in Fribourg geborene Archäologe und Chopin-Spezialist Bertrand Jaeger seine musikwissenschaftlichen Forschungen weltweit auf Reisen und auch im Internet betrieben, um alle wichtigen Quellenbestände zu durchforsten. Das Resultat ist beeindruckend; alle vom Autor selber eingesehenen Exemplare werden mit unerbittlicher Akribie bis hin zu Millimeterangaben der Formate und drucktechnischen Besonderheiten ausführlich beschrieben. Dabei berücksichtigt Jaeger bei den Erstdrucken auch die Widmungsexemplare und solche mit Anmerkungen aus dem Besitz von Chopin-Schülern. Als Grundlage für die schwarz-weissen Abbildungen der Titelblätter und die Verlagsanzeigen mit Werklisten diente die hier erstmals publizierte Sammlung von Erst- und Frühdrucken des Autors.

Von besonders grossem Nutzen für die Interpreten sind die zu jeder Komposition zusammengetragenen Informationen über Widmungsträger, die vielsprachigen werkbezogenen Bibliografien und eine thematische Bibliografie, die sowohl Komponisten als auch Begriffe wie Metrum, Phrasierung oder Rubato betrifft. Die Fachartikel über die Préludes op. 28 beanspruchen, um ein einziges Beispiel für die imposante Fleissarbeit zu nennen, acht Buchseiten und verzeichnen mehrere Hundert exakte Textnachweise.

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Bertrand Jaeger (hg. von Pierre Goy): L‘œuvre de Frédéric Chopin. Manuscrits – Partitions annotées – Bibliographie, 904 S., Fr. 149.00, Peter Lang, Bern 2020,
ISBN 978-3-0343-0446-7

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