Unverzichtbares Nachschlagewerk

«EMP kompakt. Kompendium der Elementaren Musikpädagogik» von Michael Dartsch, Claudia Meyer und Barbara Stiller ist sowohl Lexikon als auch Handbuch.

«State of the Art» – auf dem neusten Stand: Dieses Prädikat darf man bei EMP kompakt, Kompendium der Elementaren Musikpädagogik getrost verwenden. Das Autorentrio greift zentrale und aktuelle Themen der Elementaren Musikpädagogik (EMP) auf und behandelt sie in einem Lexikon- und einem Handbuchteil. Präzis, vertieft und gut verständlich. Und sie situieren EMP umfassend im entwicklungspsychologisch-sozio-kulturellen Kontext.

Hier eine kleine Auswahl an Stichworten aus dem Lexikon (Teil 1), um die immense Bandbreite angepeilter Fragestellungen aufzuzeigen: ästhetische Erfahrung, frühe Kindheit, Begabung, digitale Medien, Gruppenimprovisation, Heterogenität, Lied, Neurowissenschaften, Orff, Spiel, Sprache und Sprechen, Üben, Unterrichtsplanung. Fast 100 Begriffe sind aufgeführt und bilden ein Nachschlagewerk für Lehrende und Forschende. Machen wir die Probe aufs Exempel und schauen auf das erste Wort im Lexikon: «Aktivierungskette». Sie wird definiert als «die mögliche Aneinanderkettung von Handlungsprinzipien» und bezieht sich im musikpädagogischen Zusammenhang zunächst auf den formalen Ablauf von Unterrichtseinheiten. Solche Verlaufsmodelle gehen ihrerseits auf Kreativitätsmodelle zurück, mit denen beispielsweise Graham Wallas schon 1926 kreative Prozesse beschrieb. Wallas’ Modell mit den Phasen Präparation, Inkubation, Illumination und Verifikation strahlte auf verschiedene Fachgebiete aus. Auf die Bewegungspädagogik (dort spricht man von «Erkunden, Improvisieren und Gestalten»), auf das Orff-Schulwerk, auf die Elementare Musikpädagogik und darüber hinaus generell auf die Beschreibung kindlicher Lernprozesse. Der Lexikoneintrag diskutiert in der Folge alternative Modelle, die neue Phasen hinzufügen oder in umgekehrter Richtung verlaufen, immer unter Verweis auf weitere Lexikoneinträge (-> Kreativität, -> Tanz, -> Rhythmik, -> Unterrichtsdramaturgie). Das Beispiel zeigt, wie ein Begriff/Thema aus verschiedensten Perspektiven, hier aus der historischen ebenso wie aus einer künstlerischen und unterrichtlichen, beleuchtet wird. Das Literaturverzeichnis im Anschluss führt grundlegende und neueste Forschungsliteratur auf.

Das Handbuch (Teil 2) widmet sich der Didaktik der Elementaren Musikpädagogik, umrahmt von «Anthropologischen Dimensionen» und «Psychologischen Hintergründen», die den Menschen und seine entwicklungspsychologischen Bedingungen und Möglichkeiten in musikpädagogischer Perspektive beleuchten.

EMP schaut auf eine hundertjährige Entwicklung zurück. 1923 gründete Fritz Jöde die erste staatliche Musikschule in Berlin, sechs Jahre später fand erstmals eine eigenständige Tagung zur «Musikpflege im Kindergarten» statt. Auf die historische Rückschau folgt der Blick nach vorne, «Quo vadis EMP?», und diskutiert Fragen und Aufgaben für die Zukunft. Wie könnte das Berufsfeld der EMP in Zukunft aussehen, und welche Ausbildung brauchen die Lehrenden? Zum Beispiel, um mit älteren Menschen «elementar» zu musizieren. Denn, so die These von Michael Dartsch, «neben Spezialisierungsmöglichkeiten hat auch ein Angebot sein Recht, das eine Breite an Umgangsweisen umfasst».

So wird nach einem eigenständigen Profil der EMP gefragt im Bewusstsein, dass der Körper, Stimme und Instrument verbindende gestalterische Ansatz der EMP auch andere künstlerische Unterrichtsfächer zu inspirieren vermag. Andererseits will «EMP kompakt» dazu anregen, die eigenen künstlerischen und musikalischen Positionen in Frage zu stellen, um dadurch Vermittlungspraxen kontinuierlich zu entwickeln und vielfältige Lehr- und Lernmöglichkeiten zu eröffnen. Denn: «Der Umgang mit Musik berührt mit der emotionalen Intelligenz, dem Aufbau von Identität, der Verbindung zu anderen Menschen, dem Flow-Erlebnis, der Verwirklichung kreativer Impulse, der Autonomie und der inneren Ordnung wesentliche Aspekte des menschlichen Lebens. Es erscheint legitim und geboten, Kindern den Umgang mit Musik nahezubringen, denn man darf davon ausgehen, dass Musik ihnen neue Möglichkeiten erschliessen und je auf spezifische Weise guttun wird.» (Michael Dartsch)

EMP kompakt – unverzichtbar für alle Musiklehrenden, nicht nur aus der Elementaren Musikpädagogik.

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EMP kompakt. Kompendium der Elementaren Musikpädagogik, hg. von Michael Dartsch, Claudia Meyer, Barbara Stiller, Teil 1: Lexikon (655 S.), Teil 2: Handbuch (344 S.), Fr. 58.80, Helbling, Innsbruck u. a. 2020, ISBN 9783862273904

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