Richard Strauss und die Blockflöte

Der 19-Jährige legte seiner «Fantasie» für Sopranblockflöte, Fagott und Gitarre (Klavier) ein berühmtes Thema von Paisiello zugrunde.

Salome, Elektra, Zarathustra, Till Eulenspiegel … Denkt man an Richard Strauss, so verbindet man seinen Namen wohl mit Opern, Tondichtungen oder seinem Liedschaffen. Aber eine originale Komposition mit Blockflöte von 1883?

Strauss‘ Jugendwerke sind auch heute noch weitgehend unbekannt. Auf der letzten Seite des Partiturautografs zu dieser Fantasie findet sich der Hinweis auf den Anlass zur Komposition: «O lass mich nicht zu lange schwitzen, denn ein Strauss ist kein Genuss. Vorstehende Fantasie comp. und geschrieben v. Richard Strauss für Fagott und Kreuzertrompete wurde aufgeführt, Ordensfest 1883 von Weschitz und [unleserlich].» Beim Orden handelt es sich um den geselligen Münchner Harbni-Orden wider den tierischen Ernst, für den Strauss bereits im Jahr zuvor ein Gelegenheitswerk geschrieben hatte.

Die Besetzungsangabe in der autografen Partitur lautet Fagotto, Mundflöte (in der Einzelstimme: Maulflöte) und Guitarre. Dass Strauss mit Mundflöte ein Blockflöteninstrument gemeint hat, wurde, nach Recherchen von Franz Trenner und Peter Thalheimer, letztendlich von Nikolaj Tarasov bestätigt. Für die heutige Praxis wird eine Sopranblockflöte in c empfohlen. Obwohl die Partitur mit «Guitarre» überschrieben ist, wurde sie von Strauss als Klavierstimme auf zwei Systemen notiert, für die vorliegende Ausgabe aber zusätzlich auch für Gitarre eingerichtet.

Die Fantasie des 19-jährigen Komponisten basiert auf dem berühmten Thema «Nel cor più non mi sento» aus der Oper La Molinara von Giovanni Paisiello und reiht sich ein in ein Dutzend anderer Kompositionen über das gleiche Thema beispielsweise von Beethoven, Sor, Hummel oder Paganini. Nach einer kurzen Einleitung und dem auf beide Melodieinstrumente verteilten Thema folgen je eine Variation für Blockflöte und Fagott und ein virtuoses Finale. Strauss‘ kompositorischer Schalk blitzt nicht nur beim plötzlich zu singenden Ton in der Flötenstimme durch. Mit dieser vierminütigen Fantasie wurde die spärliche Blockflöten-Originalliteratur des 19. Jahrhunderts um ein heiteres Werk für eine überaus reizvolle Besetzung erweitert.

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Richard Strauss: Fantasie über ein Thema von Giovanni Paisiello, für Sopranblockflöte, Fagott und Gitarre (Klavier), hg. von Peter Thalheimer, Erstausgabe, EW 1129, € 14.80, Edition Walhall, Magdeburg

Foto oben: wikimedia commons

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