Ein Jahr vor fast zwei Säkula

Der Cellist Christoph Dangel und seine Kammermusikpartner spielen, was Rossini, Hummel, Romberg und Schubert 1824 so komponiert haben.

Die Idee ist einfach, aber in diesem Fall bestechend. Man schneidet die Zeitwurst mal nicht der Länge nach, sondern quer auf und schaut, was nebeneinander zu liegen kommt. Zum Beispiel im Jahr 1824, als Beethovens Neunte uraufgeführt wurde. Es ist ein bewegtes Jahr, wie das reichhaltige CD-Booklet von Johannes Bosch aufzeigt, aber auch ein musikalisch bewegendes Jahr, allein jenes jungen Wieners wegen, der einen enormen Schaffensschub erlebt, grandiose Musik komponiert und nach neuen Formen strebt: Schubert. Dessen Arpeggione-Sonate mag derAusgangspunkt für das Programm gewesen sein. Der in Basel tätige Cellist Christoph Dangel, die zentrale Figur, um die sich hier alles dreht, spielt sie zusammen mit dem Gitarristen Stephan Schmidt – eine aparte und schlüssige Kombination, denn die Arpeggione war ja eine Streichgitarre.

Daneben erscheint der etwas ältere Rossini, der Schubert zwei Jahre zuvor im Wiener Opernbetrieb den Schneid abgekauft hatte und hier mit einem Duett für Cello und Kontrabass vertreten ist – was man zuallerletzt von ihm erwartet hätte. Dann ist da der brillante Johann Nepomuk Hummel mit der reifen Cellosonate op. 104 – am Fortepiano die quirlende Els Biesemans. Und schliesslich der ein bisschen vergessene Cellovirtuose Bernhard Romberg mit einem ungewöhnlichen Trio für Solocello, Bratsche (Katya Polin) und Cello (hier Kontrabass).

Es fehlt ausgerechnet der überlebensgrosse Beethoven in diesem Querschnitt, aber die CD des innovativen Zürcher Labels Prospero wartet dafür mit reizenden Entdeckungen und sorgfältigen Interpretationen auf. Etwa bei Rossini: Dangel und der Kontrabassist Stefan Preyer umspielen das, was daran schematisch ist, mit Charme, feinem Witz und bedachtsamer Phrasierung, führen den Walking Bass delikat vor und sind gleichberechtigte Partner. So kann man sich via Musik und Booklet in jenes fast zwei Säkula ferne Jahr zurückträumen. Die CD wird ein kleines Kunstwerk zum Lesen und Lauschen.

1824 (Rossini, Hummel, Romberg, Schubert). Christoph Dangel, Cello; Els Biesemans, Fortepiano; Katya Polin, Viola; Stefan Preyer, Kontrabass; Stephan Schmidt, Gitarre. Prospero PROSP 0016

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