Kelterborn live

Das Musikkollegium Winterthur hat beim profilierten Label Neos eine Porträt-CD mit Werken von Rudolf Kelterborn herausgebracht, alles Live-Aufnahmen mit ausgezeichneten Interpreten.

Rudolf Kelterborn (*1931) zählt zu den prägendsten Musikerpersönlichkeiten der Schweiz. Ob als Komponist, Dozent, Hochschuldirektor, Radiomann oder Redakteur der Schweizerischen Musikzeitung, er war stets an der Front des Geschehens und ist bis heute aktiv: 2017 dirigierte Heinz Holliger die Uraufführung von Kelterborns Musica profana, ein Auftragswerk zum 150-jährigen Bestehen der Musik-Akademie Basel, der Kelterborn über zehn Jahre vorgestanden hatte. Die NZZ bezeichnete es als «kompositorischen Wurf».

Auch das Musikkollegium Winterthur und das Ensemble Phoenix Basel haben in jüngerer Zeit Hommage-Konzerte für ihn gegeben, Jürg Henneberger etwa konzipierte ein originelles Programm mit Musik von Kelterborn und seinen Schülern. Und das Musikkollegium Winterthur spielte die Uraufführung seiner Musik mit 5 Trios (2016/17), die es nun auch als Ersteinspielung auf CD präsentiert. Dieses Trio-Konzept sei für ihn neu gewesen, sagte Kelterborn in einem Interview dazu. Dem 88-Jährigen liegen derartige dramaturgische «Knobelaufgaben» noch immer. Fünf Instrumentengruppen sind auf der Bühne verteilt: je drei hohe und tiefe Streicher, Holz- und Blechbläser sowie ein Trio aus Harfe, Klavier und Perkussion. Verblüffend, wie Kelterborn mit dieser ungewohnten Konstellation umgeht: Er zielt nicht auf Raumklang-Effekte, sondern spielt mit Paarungen und Kontrasten, subtil und hoch expressiv.

Unter der Leitung des versierten Dirigenten Pierre-Alain Monot, dem das Werk gewidmet ist, entfaltet sich ein vielschichtiges Neben- und Miteinander. Packend ist der dritte Teil, Remember, in dem Kelterborn sich selbst zitiert und mit geräuschhaftem Geflüster ins Mysteriöse gleitet. Man hört gebannt zu, vor allem auch, weil das Musikkollegium sehr aufmerksam und mit poetischer Intensität spielt.

Zu diesem neuen Stück kommen zwei ältere Meisterwerke: das Ensemble-Buch I (1990) für Bariton und Instrumente sowie die Gesänge zur Nacht (1978) für Sopran und Kammerorchester. Kelterborns Musik fordert eine hohe Musikalität von den Interpreten, die die schillernde Licht-Dunkel-Atmosphäre intuitiv erahnen. Sarah Wegeners Sopran ist wie geschaffen dafür, sie singt die Gesänge zur Nacht mit reizvoll changierendem Timbre, während der Bariton Robert Koller besonders die Wechsel in die Kopfstimme wirkungsvoll einsetzt.

Rudolf Kelterborn: Ensemble-Buch I; Musik mit 5 Trios; Gesänge zur Nacht. Musikkollegium Winterthur, Leitung Pierre-Alain Monot. Neos 11903
 

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