Meisterliche Frühwerke

Die Académie vocale de Suisse romande bietet sublime Interpretationen der A-cappella-Messen von Valentin Villard und Frank Martin.

Die Académie vocale de Suisse romande überrascht immer wieder mit eigenwilligen Projekten. Auf ihrer neusten CD bei Claves präsentiert sie neben Frank Martins berühmter Messe für Doppelchor a cappella auch die Ersteinspielung von Valentin Villards Messe à six voix op. 44. Das sängerische Niveau ist atemberaubend.

In den zwölf Jahren seines Bestehens haben die beiden Leiter Renaud Bouvier und Dominique Tille einen Kammerchor aufgebaut, der seinesgleichen sucht. Professionelle Sängerinnen und Sänger, aber auch Studierende aus der ganzen Romandie finden hier zu einem Ensemble zusammen, das sorgfältigst aufeinander abgestimmt ist. Jedes neue Mitglied wird präzise hinsichtlich der Ausgewogenheit und Verschmelzung der Register eingesetzt, die Palette der Stimmfarben ist entsprechend reichhaltig und doch homogen.

Die Moderne liegt der Académie vocale besonders am Herzen, sie möchte auch neue Vokalwerke anregen. Seine Messe à six voix hat Villard aber nicht für diesen Chor geschrieben, es ist ein Frühwerk, das der damalige Student zwischen 2008 und 2011 komponierte, und zwar ohne Auftrag. Umso mehr erstaunt es, wie vielgestaltig und klangintensiv dieses geistliche Werk die Möglichkeiten der Académie vocale auslotet und zum Klingen bringt.

Villard, 1985 in Lausanne geboren, hat neben seinem Kompositionsstudium in Genf und Amsterdam auch als Kirchenmusiker wertvolle Erfahrungen gesammelt; in der katholischen Pfarrei Morges amtete er schon damals als Organist und Chorleiter. 2019 trat er übrigens als einer der drei Komponisten der Fête des Vignerons in Erscheinung. Sein echter Sinn für Spiritualität und seine kirchenmusikalische Praxis hört man der sechsstimmigen Messe an.

Allein schon die Idee, eine Messe für Chor a cappella und ein Sextett aus Chorsolisten zu schreiben, hat ihren besonderen Reiz. Der Chorklang, aus dem sich die Soli erheben, erinnert in seiner Schlichtheit an den gregorianischen Choral, fliessend verdichtet er sich in harmonische Felder, die sehr heikel zu intonieren sind. Der Académie vocale gelingt dies mit einer schwebenden Leichtigkeit, die sich zu grosser Intensität steigern kann. Und das raffinierte Wechselspiel zwischen Soli und Chor gestalten die Sängerinnen und Sänger mit suggestiver Hingabe.

Auch Frank Martins Messe für Doppelchor ist ein Frühwerk, er schrieb es 1922 nur für sich, es war weder zur Veröffentlichung noch zur Aufführung gedacht. Erst 1969 kam dieses heute wohl bekannteste Chorwerk Martins zur Erstaufführung. Ob im fugierten Gloria oder im virtuos gesteigerten Credo: Die Académie vocale singt mit einer Agilität und virtuosen Kraft, die ihresgleichen sucht. Dabei wird auch eine gewisse Geistesverwandtschaft zwischen Martin und Villard ohrenfällig.

Valentin Villard & Frank Martin: Doubles messes a cappella. Académie vocale de Suisse Romande, Leitung Renaud Bouvier und Dominique Tille. Claves 50-3003

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