Eine App schult unser Ohr

Mit der Gehörbildungs-App von Daniel Schenker lassen sich das aktive und das passive Hören trainieren. Sie ist vor allem auf Jazz, Pop und improvisierte Musik ausgerichtet, aber längst nicht nur.

Erinnern wir uns an unseren ersten Kontakt mit der Gehörbildung als schulische Disziplin, so denken wir meist an erste Kurse an der Musikhochschule zurück, in denen einzelne absolut, die meisten jedoch noch absolut nichts hörten. Dieser Streuung an Begabungen gerecht zu werden, war im frontal angebotenen Unterricht die grösste Herausforderung für Dozierende. In der an der Zürcher Hochschule der Künste unter der Leitung des Jazztrompeters und IT-Spezialisten Daniel Schenker entwickelten Gehörschulungs-Applikation ET-Ear Trainer nehmen die Benutzenden die individuellen Anpassungen an den jeweiligen Lernstand in den übersichtlichen Grundeinstellungen gleich selber vor. Wird das Kästchen «Easy» aktiviert, so werden etliche Parameter wie Abspieltempo, Referenztonangabe oder Antwortzeit der Aufgaben zu Gunsten der Lernenden verändert.

Zu Beginn der Übesequenz kann eines von 21 Themenfeldern ausgewählt werden. Von der diatonischen Imitation über das Erkennen von Vierklängen über einem Basston inklusive Tensions bis zum Antippen der richtigen Skala bieten die einzelnen Menüs reichlich Stoff und Herausforderung. Genaues Zuhören, Erkennen, Imitieren, Analysieren und Memorieren werden gleichermassen geschult und strukturiert gefördert. Der inhaltliche Umfang der App und die vorausgesetzten Termini machen deutlich, dass nicht einfach im Spielen drauflos trainiert werden kann, sondern dass das Grundwissen vorgängig oder parallel zu erwerben ist. Lediglich das nicht allgemein bekannte «Resolution Game» zur Intervallbestimmung wird mit Notenbeispielen erläutert. Zielpublikum sind in erster Linie Musikstudierende an Fachhochschulen. Für jüngere Schüler oder Amateure sollte das Programm zum Beispiel noch um Tetrachorde oder Fünftonräume ergänzt werden. Auch fehlen harmonische Verbindungen (Kadenzen) mit entsprechenden Stimmführungen oder polyfones Hören noch gänzlich.

Da die App in der vorliegenden Version 1.02 (auf dem iPhone S) nur im Hochformat bedient werden kann, schleichen sich beim Antippen der abgebildeten Tasten immer wieder Fehler ein. Auch lässt das relativ träge reagierende Bildschirm-Keyboard die rhythmisch korrekte Wiedergabe im Memory-Spiel nicht zu. Die zehn interaktiven Übungen, welche über das Mikrofon gesteuert werden, machen daher ungleich mehr Spass. Dieses blinkt zwar etwas zögerlich auf, reagiert jedoch sehr subtil auf das Gespielte, und sowohl Stimme als auch Blas- oder Streichinstrumente und Klavier lösen die korrigierende Reaktion des Geräts bis hin zur Oktavbestimmung zuverlässig aus. Achtung: Im Prüfungsmodus können die drei Sekunden zwischen Frage und Antwortmöglichkeit schummelnd zum raschen Herantasten an die Lösung missbraucht werden, bevor diese bewertet wird. Im anspruchsvollen Modus werden die Skalen sehr rasch abgespielt, wobei die Tonlängen leider nicht dem Tempo angepasst werden. So verschwimmen zwei drei Töne zu einem Cluster, was das Hören zusätzlich erschwert.

Das Design der App kommt sehr schlicht und zielführend übersichtlich daher. Es ist kein Spiel, sondern eine Lernapplikation! Dass schon nach kurzer Zeit etliche Verbesserungen wie die Erklärungstour (inklusive Links zu Youtube-Clips in Deutsch oder Englisch) oder der Replay-Button aufgenommen werden konnten, lässt hoffen, dass die App eine immer breitere Community ansprechen wird. Nicht nur improvisierenden Musikern sei sie wärmstens empfohlen, auch Interpretinnen und Komponierende können durch den Ear Trainer mehr Präzision in Vorstellung und Gedächtnis erlangen.

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ET – Ear Trainer, Professionelle Hörtrainings-App
von Daniel und Elia Schenker,
Apple App Store / Google Play, Fr. 6.00,

https://eliaschenker.com/ET_App/

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