Mentale Gesundheit an Musikhochschulen fördern

Ressourcenorientierte Trainings- und Selbstmanagementansätze bieten Potentiale für die Förderung und den Erhalt der psycho-physischen Gesundheit in der Hochschulausbildung.

Die Bedeutung psychischer Gesundheit ist in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit gerückt. Musikstudierende weisen laut Studien grössere psychische Belastungen als der Durchschnitt der Gleichaltrigen auf. Im Alterssegment zwischen 15 und 24 Jahren ist laut der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022 die Anzahl psychischer Beschwerden mit bis zu 25% höher als in der Gesamtbevölkerung. Dies verdeutlicht, dass Prävention, Früherkennung und Therapie psychischer Probleme und Erkrankungen bei Musikhochschulstudierenden ein relevantes Thema sind. Laut Horst Hildebrandt stellen psychosomatische Belastungen neben muskulo-skelettalen Beschwerden das grösste gesundheitliche Problem bei Musikstudierenden dar. Die Diagnosen sind oft vielschichtig und bedürfen häufig einer interdisziplinären Herangehensweise, da zahlreiche Einflussfaktoren für die Entstehung eines Beschwerdebildes verantwortlich sind. Insbesondere die Qualität des Unterrichts, des Übens und das Niveau von Bühnenkompetenzen scheinen bedeutende Einflussfaktoren zu sein.Gesundheits- und Ressourcenbegriff

Laut Gesundheitsförderung Schweiz ist Gesundheit dynamischen Prozessen unterworfen und entsteht, wenn sich die inneren und äusseren Ressourcen und Belastungen in einem Gleichgewicht befinden. Dabei spielt das Wechselspiel zwischen der körperlichen, psychischen, und sozialen Befindlichkeit des Menschen eine zentrale Rolle.

Ressourcen werden als Schutzfaktoren für die Gesundheit angesehen. Dem individuell ausgerichteten Ressourcenaufbau unter Berücksichtigung des bio-psycho-sozialen Modells kommt somit bei der Förderung und dem Erhalt psychischer Gesundheit in der Ausbildung eine hohe Bedeutung zu.

Ressourcenorientierte Ansätze verfolgen das Ziel, Strategien und Handlungsmuster zu entwickeln, welche für die gestufte Prävention psycho-physischer Belastungen und Erkrankungen eingesetzt werden können. Dabei variiert der Ressourcenbegriff je nach theoretischer Fundierung der Ansätze. Ihnen gemeinsam ist jedoch, dass sie das Individuum, aber auch Institutionen, dazu befähigen möchten, den Ausbildungsalltag selbstwirksam und selbstbestimmt meistern zu können.

Förderung und Erhalt psycho-physischer Gesundheit von Hochschulangehörigen können umso besser unterstützt werden, je breiter das Angebotsspektrum ist. Nebst individuellen, niederschwelligen Beratungsangeboten sind curriculär verankerte Lehrveranstaltungen wichtig, um möglichst früh in der Ausbildung den Auf- und Ausbau psycho-physischer Ressourcen zu ermöglichen. Dazu zählen auf die Musizierwirklichkeit zugeschnittene, wissenschaftlich fundierte und evaluierte Stressmanagementansätze für Bühne und Studienalltag, mentale Trainingsformen, bühnengeeignete Körperschulungsformen und die Vermittlung geeigneter Lern- und Übestrategien. Mit Blick auf die Prävention sollten auch für den Einzelunterricht sowie die Fachdidaktik- und Methodik-Ausbildung Angebote existieren, um Kernkompetenzen eines konstruktiven, lösungsorientierten (Selbst-)Anleitungsstils und eine entsprechender Feedbackkultur zu schulen.

Forschung bringt fortlaufend neuen Erkenntnisgewinn

An den schweizerischen Musikhochschulen ist eine ermutigende Entwicklung bezüglich Forschung und Lehre zur psychischen Gesundheit festzustellen. Diese aktive Rolle zeigt sich auch in dem von der Johns Hopkins University initiierten «Position Paper on Health Education in Tertiary Music Institutions» aus. Neben Fortschritten bei der Curriculumsentwicklung, epidemiologischen Studien und Forschungsprojekten zu instrumenten- bzw. gesangsspezifischen Fragestellungen sowie zum Gehör sind z.B. die Beiträge zur Lampenfieberforschung zu nennen, welche in Zusammenarbeit mit Universitäten der Förderung der psychischen Gesundheit laufend neue Impulse verleihen. Dadurch können ressourcenorientierte Trainings- und Selbstmanagementansätze erfolgreich mit den hochspezifischen Erfordernissen der Musikhochschul-Ausbildung zusammengeführt werden.

Beispiel eines gesundheitsfördernden Netzwerks unter dem Dach der KMHS:
Schweizerisches Hochschulzentrum für Musikphysiologie, www.shzm.ch

 

Beispiel für ein curriculär verankertes gesundheits­förderndes Angebot:
www.zhdk.ch/departemente/dmu/musikphysiologie

 

Weiterbildungs-Hinweis:
Mentales Training für den musikalischen Berufsalltag, Musikhochschule Basel,
17.01.2026 mit Prof. Horst Hildebrandt und Judith Buchmann

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