Robert Oboussier zum Hören und Lesen
Wie aus der Idee, ein Werk wiederzubeleben, professionelle Musikaufnahmen und eine vielfältige Buchpublikation entstanden sind. Im Herbst werden sie vorgestellt.
65 Jahre nach dem fast vollständigen Verstummen des Werks von Oboussier, brachte das MOZ die Abbreviationen am 2. April 2022 bei einem Festival des Zupfmusik-Verbands Schweiz auf die Bühne. An diesem Festival nahm auch Ramon Bischoff teil, Schweizer Komponist und Toningenieur (www.nomar.ch), da sein Stück «Schwärme» vom Verbandsorchester zupf.helvetica uraufgeführt wurde. Ramon wurde auf die Geschichte aufmerksam und war sehr betroffen – dann begann er zu recherchieren.
Im Gespräch sagte Ramon, was ihn zu Beginn des Projekts zentral beschäftigte, waren die vielen Lücken, auf die er stiess: Es gibt kaum Fotos, fast nichts Persönliches aus seinem Leben, einen unvollständigen Nachlass, wenige Tonaufnahmen und nur einige öffentliche Schriften über die Werke. Die Diskrepanz zwischen der historischen Erscheinung der Kompositionen, welche oft unter viel Lob an prestigeträchtigen Orten uraufgeführt wurden und ihrer heutigen Absenz in Repertoires von Musiker:innen und Konzertsälen fand Ramon äusserst ungewöhnlich. Die Idee begann zu wachsen, die Musik Oboussiers zu dessen 125. Geburtstag endlich wieder hörbar zu machen.
Ramon wählte sieben musikalisch bedeutende Kompositionen von 1921 – 1948 aus und fand professionelle Musiker:innen, die mit ihm diese Musik wieder zum Klingen bringen wollten. In 6 Monaten entstanden die Aufnahmen in unterschiedlichsten Besetzungen – von Solo-Piano bis hin zum Streichorchester. Und als Bonus wurden auch die Auszüge der Abbreviationen mit dem MOZ aufgenommen. Die meisten der ausgewählten Werke sind World Premier Recordings – wurden also das erste Mal aufgenommen. Parallel zu den Arbeiten im Tonstudio mussten Rechte geklärt, Sponsoren motiviert, Stiftungs-Anträge geschrieben und mit NAXOS ein renommiertes Label gefunden werden, das die Musikproduktion veröffentlicht.
Ursprünglich plante Ramon für die CD ein umfangreiches Booklet, um auch der soziokulturellen und historischen Tragweite des Werks und seines Verschweigens gerecht zu werden. Diese Idee wuchs zu einer Buchpublikation heran, die für ihn unerwartete Ausmasse und inhaltlich neue Herausforderungen mit sich brachte. Die Beiträge der sieben Autor:innen haben ganz verschiedene Blickwinkel aus musiktheoretischen, medialen, historischen und soziologischen Richtungen. Der Bericht eines Zeitzeugen vervollständigt das Bild auf eine sehr persönliche Art. Die zweisprachige Publikation (DE/FR) enthält zudem das erste vollständige Werkverzeichnis.
Mein Ziel war es, ein Werk wiederzubeleben mit dem Wunsch, dass die Idee weitergetragen und die Musik wiederentdeckt wird. Meine Hoffnungen wurden mehr als übertroffen.
Ramon schreibt: «Robert Oboussiers Musik ist Ausdruck seiner politischen, gesellschaftlichen und humanistischen Überzeugungen. Es ist mir ein Anliegen, dass seine Werke auch künftig jene Werte transportieren, für die er künstlerisch eingetreten ist. […] Zum 125. Geburtstag Robert Oboussiers wünsche ich mir, dass seine Musik wieder vermehrt gespielt und aufgeführt wird und dabei als Symbol für soziale Gleichheit neue Wirkung entfalten kann.»
Im Herbst ist es so weit: Es findet eine Serie von Konzerten, Podien und Lesungen statt (siehe Flyer) und auch das MOZ wird bei den ersten beiden Konzerten auftreten.
An diesem Projekt waren so viele wunderbare und kreative Menschen beteiligt, dass ich, um allen gerecht zu werden, nur auf die Homepage (www.oboussier.ch) verweisen möchte, auf der alle Personen und weitere Informationen auf Deutsch, Französisch und Englisch zu finden sind.
Informationen
Projekt und Musik-Streaming: www.oboussier.ch
Musik-CD: «Robert Oboussier. World Premiere Recordings»; Label NAXOS in der Serie Musiques Suisses (www.naxos.com)
Buchpublikation: «Robert Oboussier. Beiträge zu einem verschwiegenen Opus»; Ramon Bischoff (Hrsg.); Verlag edition clandestin (www.edition-clandestin.ch)
Mandolinen-Orchester Zürich: www.mo-zuerich.ch