„Nichts über uns ohne uns“

4 zentrale Grundlagen für Inklusion in der musikalischen Bildung

Was ist wichtig zu wissen, wenn man über Inklusion nachdenkt? Im Gespräch nennt Claudia Casanova, Präsidentin der Konferenz der Aargauischen Behindertenorganisationen (KABO) und Teilnehmende am FMB 2023, die wichtigsten Grundlagen für eine ressourcenorientierte Haltung.

Nichts über uns ohne uns

„Es ist ganz einfach – wo über uns gesprochen wird, wollen wir mitreden und mitbestimmen“, sagt Claudia Casanova. Es sei eine Haltungsfrage: Es gehe um Gleichwertigkeit. In der Schweiz sei dies zum Beispiel dadurch erschwert, dass es in jüngerer Zeit keine Kriegsversehrten gab, die nach ihrem Dienst wertschätzend wieder in die Gesellschaft und Arbeitswelt integriert wurden, wie zum Beispiel im angelsächsischen Raum. Und der Reichtum der Schweiz habe früh zu Sonderwegen für Menschen mit Behinderung geführt (Bildungsweg Sonderschule, Arbeit in Werkstätten), den viele nicht mehr gehen möchten aber kaum verlassen können, sind die Weichen einmal gestellt: denn 70% der Kinder welche einmal in die Sonderschule eingeschult wurden, bleiben später im Sondersetting mit Heim und Werkstätten

Menschen mit Behinderung sind keine homogene Gruppe

„Ein Rollstuhlfahrer und eine sehbehinderte Person haben kaum Schnittmengen beim Anspruch auf barrierefreien Zugang“, sagt Claudia Casanova. Das Spektrum von Behinderungen sei riesig – und gerade Menschen, die nicht von Geburt an, sondern durch einen Unfall oder eine Krankheit behindert werden, spürten stark, wie sich ihre Stellung in der Gesellschaft verändere, sobald sie als Menschen mit Behinderung gälten. 

Auf individuelle Bedürfnisse eingehen

Entsprechend sei es in den meisten Fällen sinnvoller, nicht neue separate Gefässe für Musikunterricht für Menschen mit Behinderung zu schaffen – sondern sie in den ganz normalen Unterricht zu integrieren und für die individuell passende Unterstützung zu sorgen, sofern diese nötig sei. „Vielleicht braucht es eine Braille-Edition der Noten für eine Schülerin mit Sehbeeinträchtigung“, sagt Casanova, „Und für einen kognitiv beeinträchtigen Schüler womöglich eine Assistenzperson.“

Offen und kreativ sein

„Lassen Sie sich nicht von Angst leiten“, betont Casanova. „Lassen Sie sich im Musikunterricht für Menschen mit Behinderungen stattdessen von Neugier und Offenheit leiten, und begegnen Sie Herausforderungen gelassen und Schritt für Schritt. Als Musiker:in und Pädagog:in vermitteln Sie Menschen Freude an der Musik. Sie erfüllen eine sehr wichtige Aufgabe – und Sie sind darin sowieso virtuos!“

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