Musikschulen hörbar machen – mit dem Radiobus auf Tournee

Musikschulen aus 17 Schweizer Musikschulen präsentierten sich im September als Live-Radiostudio. Mit der Tournee feierte der Verband Musikschulen Schweiz sein 50. Jubiläum. Wir haben den Radiobus begleitet und geben Einblick.

Der Verband Musikschulen Schweiz feiert sein 50. Jubiläum – Menschen feiern miteinander
Festival „Basel het Beat“: Der Radiotag an der Musikschule Basel (Bild: Roland Juker)

„Hoi zäme! Hüt u morn dörfe mir mit anderne Chind zäme im Radiobus moderiere“, so begrüssen Wanja und Moreno, zwei Sechstklässler aus Stans, ihre Zuhörer:innen. „Mir sind mega gspannt und ehrlich gseit au fescht ufgregt. Aber das chunnt scho guet!“

Ein bisschen nervös und doch souverän – so präsentieren sich nicht nur die beiden Nidwaldner, sondern auch die vielen anderen Kinder und Jugendlichen aus der ganzen Schweiz, die sich im September im Rahmen der Jubiläumstournee des VMS am Mikrophon setzten. Sie führten Interviews, spielten Aufnahmen aus der Musikschule ein, traten mit ihren Instrumenten live auf der Bühne auf, machten auch mal beim Publikum die Runde und stellten Fragen, die ihnen unter den Nägeln brannten. Dabei wurden sie von Musikpädagog:innen aus ihrer Musikschule unterstützt, und auch vom Team des Power-up Radiobus, einem Angebot der Stiftung Schweizer Kinderdorf Pestalozzi. Bereits ein Jahr vor der Tournee trafen sich die Verantwortlichen der beteiligten Musikschulen zu einem Kick-Off-Event, und im Frühling 2025 reiste der Radiobus ein erstes Mal durch alle 17 Kantone, um die jungen Radiomacher:innen auf ihre Aufgabe vorzubereiten. In der inhaltlichen Gestaltung der Beiträge waren die Musikschulen frei. So entstanden Sendungen aller Art, mit Musik von Ländler über Noise Jazz bis Taylor Swift.

„Eigentlich müsste der VMS auch das 51. Jubiläum feiern“, meinte Blaise Héritier, Musikschulleiter aus Moutier, „Das Projekt hat sehr viel Energie freigesetzt – in der ganzen Schweiz, und eben auch hier in Moutier.“

Zusammenarbeit mit der Volksschule

Mehrere Musikschulen spannten für ihren Radiotag mit der Volksschule vor Ort zusammen. In Malters im Kanton Luzern zum Beispiel übernahm eine 6. Klasse die Inhalte der Radiosendung, während Schüler:innen der Musikschule Region Malters während der Zehn-Uhr-Pause ein gut besuchtes Konzert spielten, das live im Radio übertragen wurde. Sowohl Musikschulleiterin Judith Reinert als auch Klassenlehrer Stefan Steiger schätzten die Zusammenarbeit sehr. „Es war toll, meine Schüler:innen setzten sich extrem für den Radiotag ein und bereiteten sich auch in der Freizeit darauf vor“, sagt Steiger, „Die Zusammenarbeit mit der Musikschule macht Sinn – wir haben gemerkt, dass wir auch ein andermal wieder zusammenarbeiten könnten.“

Mehr geübt als sonst

Die Musikschule Basel bewegte sich gezielt von ihrem Standort in Grossbasel weg und veranstaltete anlässlich des Radiotags ein Festival auf dem grossen, nach alle Seiten hin offenen Kasernenhof, der mit Spielplätzen, Bars und Restaurants Menschen allen Alters anzieht. „Dass wir hier präsent dürfen, freut mich speziell“, sagt Kaspar von Grünigen, Leiter der Jazzabteilung, „Wir möchten als Musikschule möglichst offen und zugänglich sein.“ Ein weiteres Zeichen in diese Richtung ist die Zusammenarbeit mit HitProducer. Die Institution mit Sitz vor Ort in der Kaserne bietet unter anderem in sozialen Institutionen Kurse in Musikproduktion an – am Radiotag gestaltete sie mit einer Gruppe Jugendlicher die Inhalte der Podcasts, die sich mit Konzerten der Musikschule abwechselten. „Ich musste ein paar Songs ansagen und zwei Interviews führen“, berichtete einer der Moderatoren, „Es macht wirklich Spass.“ Und Musikschülerin Nora, die mit dem grossen Hornensemble auftrat, gab zu Protokoll, sie habe schon ein bisschen mehr geübt als sonst: „Ich fand es sehr cool. Ich habe vorher noch nie an einem Festival gespielt.“

Ein Projekt für die jungen Talente

Andere Musikschulen beauftragten die Schüler:innen aus der Begabtenförderung mit der Planung und Umsetzung der Podcasts. In Köniz und Bremgarten (Kanton Bern) zum Beispiel waren fast alle jungen Talente beteiligt. Sie befragten ihre Musikpädagog:innen über ihren Alltag, erklärten den Walzer, und baten den Musikschulleiter zu erklären, weshalb John Coltrane sein Lieblingssaxophonist sei. Dazu nahmen sie in unterschiedlichen Formationen gemeinsam Musik auf. Sowohl in Köniz als auch in Bremgarten ermöglichte der Radiotag eine Vernetzung der Musikschüler:innen aus der Begabtenförderung. „Das ist für uns ein wichtiger Punkt: die Talente in Peergroups zusammenzubringen“, so Lukas Knecht, Co-Schulleiter der Musikschule Zollikofen Bremgarten.

Öffentlichkeitsarbeit: Ein wichtiges Thema

„Ich finde es toll, dass wir uns als Musikschule einmal in einem anderen Rahmen zeigen können“, sagt Judith Reinert, Leiterin der Musikschule Region Malters. Dies bestätigt auch Christian Schütz, Leiter der Musikschule Köniz: „Wir sind nur eines von vielen Bildungsangeboten. Wir müssen schauen, dass wir sichtbar sind und die Familien erreichen – und dass man weiss, dass wir nicht nur Instrumentenunterricht anbieten, sondern auch Kurse wie Songwriting oder Producing.“

Und jetzt zum Sport

Nicht nur musikalische Themen kamen in den Podcasts zum Zug – eine Schulklasse gestaltete zum Beispiel eine Sendung zur Naturkatastrophe in Blatten vom Mai 2025, eine andere interviewte einen Mitarbeiter im Zoo, und auch aktuellste Sportresultate durften nicht fehlen. Trotzdem gehörte der Musik der Löwenanteil der Sendezeit. In Nidwalden kamen während der Vorbereitungen über 200 an Musikschulen im Kanton produzierte Stücke zusammen. Die Musikschule Region Obermarch (SZ) feierte ihr eigenes 25jähriges Jubiläum gleich mit und veranstalte Konzerte verschiedener Ensembles, darunter mehrerer Jugendorchester. In La Chaux-de-Fonds (NE) musste die Sendung wegen Regens zwar nach innen verschoben werden, was der Stimmung aber keinen Abbruch tat. Unter anderem die Musical-Darbietungen aus „Matilda“ und „A Chorus Line“ wussten die Zuhörer:innen sehr zu begeistern. Dies nur einige herausgepickte Höhepunkte – gerne legen wir ans Herz, in die Podcasts reinzuhören.

Sinnstiftend

Philippe Krüttli nahm als Präsident des VMS und Leiter der Ecole de musique du Jura Bernois in einer Doppelrolle an der Jubiläumstournee teil. „Solche Anlässe sind für uns Musikschulen sehr wichtig“, sagt er. „Sie geben unserer Arbeit Sinn. Wir arbeiten normalerweise für uns allein, üben am Instrument, möchten uns verbessern – es tut gut, einmal zu zeigen, was man gelernt hat. Und als Präsident des Verbands bin ich schlicht begeistert von diesem schönen Projekt. Es ist soviel Energie und soviel Engagement der Musikschulen spürbar. Das ist sehr motivierend!“

Hier geht’s weiter zur Projektseite der Jubiläumstournee VMS, und hier zum Powerup-Radio der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi.

Der Radiobus der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi: Reise durch 17 Kantone (alle Bilder: Roland Juker)

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