m4music: 5 Rappen für 100 Streams

Wie bereits 2012 wurde am diesjährigen m4music darüber diskutiert, dass unverändert viel Musik gehört wird, aber nur karges Geld zu den Künstlern fliesst.

Die Schweiz ist bekannt für ihr liberales und deshalb umstrittenes Urheberrecht. Bei der Podiumsdiskussion Welches Urheberrecht braucht die Schweiz? war der Ruf nach einer kompletten Revision allerdings kaum noch zu vernehmen. Gefordert wurde vielmehr eine zeitgemässe Auslegung. Tim Renner, Geschäftsführer von Motor Music, erinnerte in seiner Einleitung an das Aufkommen des Radios. Dieses sei ursprünglich als Quelle der Künstlerenteignung empfunden worden. «Musik war plötzlich überall und gratis. Mit der Konsequenz, dass die damalige Schallplattenindustrie auf 5% ihres Volumens zusammengesackt ist.» Jetzt befinde man sich in einer vergleichbaren Situation. «Deshalb brauchen wir Regelungen, die für alle gelten», wie den Kontrahierungszwang, «die rechtliche Verpflichtung, mit einem andern ein Rechtsverhältnis zu begründen» (Wikipedia). Damit könnten Rechteinhaber eines Musikstücks und Nutzer wie die Swisscom zu einer Einigung gezwungen werden.

«Google is too big to pay.»

Poto Wegener, Direktor der Swissperform, sieht im Kontrahierungszwang kein Allheilmittel. So würden etwa Konzerte nicht abgedeckt. Er wünschte sich ein Urheberrecht, das zwischen den verschiedenen Interessenten vermittelt und kritisierte nicht zuletzt das Internet-Unternehmen Google, das mit Gratis-Musikinhalten Millionen verdiene: «Google is too big to pay.» Der Präsident von Musikschaffende Schweiz, Christoph Trummer, erwartet vom Gesetz, dass es die Werke schützt, und Lorenz Haas, Geschäftsführer der Labelverbandes IFPI Schweiz, war es ein Anliegen, das Gebaren von Infrastrukturbetreibern beeinflussen zu können: «Wir fordern von den Hostingprovidern das Einhalten gewisser Sorgfaltspflichten.» Nationalrat Balthasar Glättli von den Grünen kam zum Schluss: «Damit das Urheberrecht neu gestaltet werden kann, müssen sich die Akteure zunächst mal einigen.»

«Für 100 Streams gibt es fünf Rappen.»

Die anschliessende Diskussionsrunde, (Wie) Verdienen Künstler Geld im Internet?, brachte vor allem die im Musikbusiness und bei den Verwertungsgesellschaften herrschende Ungewissheit zum Ausdruck. Während Oliver Sittl, Senior A&R bei Believe Digital, die Möglichkeiten des globalisierten Marktes in höchsten Tönen anpries, verwies Irène Philipp Ziebold, Direktorin der Urheberrechtsgesellschaft Suisa, auf die karge Realität: «Für 100 Streams gibt es fünf Rappen.» Alles andere als ein angemessener Preis, wie sie festhielt. «Wir sind auch weiter am Verhandeln mit dem Videoportal YouTube, doch deren Angebote sind teilweise unglaublich tief.» Ginge man darauf ein, würde die Suisa den von ihr vertretenen Künstlern keinen Gefallen erweisen, sagte sie.

Es dürfe nicht angehen, dass es 15 Jahre dauere, bis ein Musiker jene 50 000 Franken wieder eingespielt habe, die ein Album nun einmal koste, betonte auch Christoph Trummer. Aus dem Publikum meldete sich Daniel Schönberger, Leiter der Rechtsabteilung von Google Schweiz, und erklärte, er habe in der Diskussion einiges nicht sehr Schmeichelhaftes über sein Unternehmen anhören müssen. Er empfand die Kritik, Google scheffle Milliarden mit Musikinhalten von Dritten, als undifferenziert. «Wir sind eine Suchmaschine und liefern vor allem legale Inhalte.» Und das gratis.

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