Gesang, Gebärde, Tanz am EJCF: ein Fest der Freude

Zum 14. Mal fand das Europäische Jugendchor-Festival in Basel und der Region statt. Über 60 Kinder- und Jugendchöre aus 13 Ländern fanden bei geschätzten 40 000 Besucherinnen und Besuchern ein begeistertes Echo.

Der Jugendchor Mboa aus Kamerun unter der Leitung von Jean-Alexis Bakond im Musiksaal des Stadtcasinos Basel. Foto: Jürg Erni

Nach dem Verebben der Megawatt-Lautstärken des Eurovision Song Contests verwandelte Europas aus rund 2750 Kehlen singende Jugend die Regio Basiliensis in ein wogendes Meer. Die gemeinsam intonierte Bitte Dona nobis pacem könnte die kriegstreibenden Potentaten zum Friedenstiften umstimmen.

Die menschliche Stimme ist das kostbarste Instrument. Wenn der Atem die Stimmbänder zum Schwingen bringt, wenn Mimik und Gestik die Botschaft von Musik und Text unterstützen, dann trifft sie das Gegenüber mitten ins Herz. Die Tage und Nächte des Europäischen Jugendchorfestivals (EJCF) waren am Auffahrtswochenende ein einziger Jubelgesang und ein Feiern der Solidarität unter Generationen und Nationen. Dank des immensen Einsatzes von Festivalleiterin Kathrin Renggli und ihren freiwilligen Helferinnen und Helfern ging diese Jugendchor-Biennale mit 19 Festival- und 45 Gastchören perfekt über die Bühnen drinnen und draussen bei schönstem Wetter.

Es begann mit einem fulminanten Chorspektakel in der prominent besetzten St. Jakobshalle. Der Basler Bundesrat Beat Jans begrüsste die Jugendlichen und Festivalgäste auf Englisch mit einem launigen Vergleich zwischen einer Bundesratssitzung und einer Chorprobe, die beide meist harmonisch enden. Spontan liess sich der Hobby-Schlagzeuger zu einer Kostprobe seines Könnens auffordern. Mit eilig herbeigeschafften Sticks schlug er virtuos die Trommelfelle und Hi-Hats. Darauf gings Schlag auf Schlag mit auswendig gesungenen und in Gruppen bewegt vorgetragenen Stücken, so die tausendstimmige, am Mischpult live gesteuerte Neukomposition Mono des Bassisten James Varghese. Den Abschluss machte der zum Hit gewordene Festivalsong Music is Everywhere. Es folgten Workshops, Länderfokus, Atelierkonzerte, Chorleitungstreffen, Gottesdienste, Chorschiff-Fahrten auf dem Rhein bis zum lauschigen Picknick auf der Schützenmatte.

Naturschwärmerei und Erbebenschrecken

Wo beginnen mit der Aufzählung der Höhepunkte, die an den fünf Tagen und Abenden nicht abreissen wollten? Einige Spezialitäten seien herausgegriffen, so die strengen A-Cappella-Sätze des Freiburger Chœur St-Michel gefolgt von lüpfigen Bovet-Tänzen und einem fetzigen Pink-Floyd-Arrangement; weiter die alten Cantigas des spanischen Nubah- und die sagenhaften Huldigungen an die schwärmerische Natur des Isländer Huldur-Chors. Schon zur Eröffnung befeuerte Masis Aram Gözbek auf dem Hochsitz die im Rund versammelten Chöre und danach seinen Boğaziçi Youth Choir aus Istanbul bei dessen kraftvollen Vokalisen und Rufen aus Anatolien und der Schwarzmeer-Region.

Der Boğaziçi Youth Choir aus Istanbul unter Masis Aram Gözbek. Foto: Jürg Erni

Starke Bilder aus Kamerun verkörperte der Mboa-Chor mit Tierrufen aus der Wildnis und mit urwüchsigen Gesängen zu Verlöbnis und Trauer bis zu martialischen Aufrufen, angespornt durch Trommel und Fussstampfen. Ein eindringliches Bild des Schreckens zum Basler Erdbeben von 1356 rief das Werk Erdbibdem, ein Kompositionsauftrag der Knabenkantorei Basel an den Letten Ēriks Ešenvalds, hervor.

Singendes Glas und fletschende Löwenzähne

Berührend der Auftritt in Trachten des Romanian Radio Children’s Choir aus Bukarest. Wie aus einer anderen Zeit klangen die Gesänge mit gedehnten Vokalen und gedrechselten Konsonanten im Regentanz und in einer Hochzeitsszene.

Der rumänische Radio-Kinderchor aus Bukarest in der Pauluskirche. Foto: Jürg Erni

Höfische Szenen sang und tanzte der New Amsterdam Youth Choir in prachtvollen Kostümen. Ein Wiegen und Wogen beim Schreiten und Hüpfen, Verneigen und Knien, zeitgemäss begleitet von Fidel und Laute. Lachsfarbig gewandet rieben die Mädchen des Tiara-Chors aus Riga zum lieblichen Gesang die Ränder unterschiedlich voller Gläser: Zauberklänge wie von einer Glasharmonika.

Schliesslich ein gross besetzter Auftritt der Jungen Sinfoniker der Musikschule Basel. Sie wagten sich an Wagners Lohengrin-Vorspiel und gewannen die Meisterprobe mit sattem Blech und fein zeichnenden Streichern. 300 Jugendliche brachten das populäre Werk Lionteeth des Schweden Anders Edenroth zur Schweizer Erstaufführung. Unter der inbrünstigen Leitung von Raphael Immoos bezwangen die vokalen und instrumentalen Stimmen mit Lippen und Zungen die fletschenden Löwenzähne.

Fazit des fünftägigen Jugendchor-Treffens: ein heiteres Fest der gesanglichen und menschlichen Begegnungen, auch ein exzellenter Leistungsausweis der Leiterinnen und Leiter, die ihre Chöre zu stimmlichen wie körperlichen Höchstleistungen herausforderten. Mit Standing Ovations quittierte das Publikum die Auftritte der internationalen Elitechöre wie der regionalen Schulchöre.

Eröffnungskonzert EJCF 2025 in der St. Jakobshalle, Basel. Foto: Christian Flierl

Link zum Interview mit Arvo Ratavaara. Zusammen mit seiner Frau hat er seit 1992 Chöre am EJCF betreut und dabei viel erlebt.

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