Förderung des Popnachwuchses in Basel seit 20 Jahren

Der RFV Basel – Popförderung und Musiknetzwerk der Region Basel wird gerne als Referenz für die Förderung der Populärmusik in der Schweiz bemüht. Ein Gespräch anlässlich des 20-jährigen Bestehens mit RFV-Geschäftsleiter Tobit Schäfer und dem Kommunikationsverantwortlichen Chrigel Fisch.

Im Mai 1994 wurde der Rockförderverein der Region Basel gegründet, vor rund zwei Jahren erfolgte eine Namensänderung, nun heisst man RFV Basel – Popförderung und Musiknetzwerk der Region Basel. Als Grund für die Umbenennung nennt Geschäftsleiter Tobit Schäfer die Erkenntnis, dass der Überbegriff «Rock» sich nicht mehr als passend für Musikerinnen und Musikern aus dem Hip Hop- oder Elektronik-Bereich erwies. Ursprünglich habe der von Musikschaffenden und Szenevertretern initiierte Verein vor allem Hilfe zur Selbsthilfe geboten. «Vor dem RFV gab es in der Region null Förderung für Pop oder Rock», ergänzt der Kommunikationsverantwortliche und frühere Manager der Alternative-Rocker Navel, Chrigel Fisch. Das sei heute anders, selbst wenn man nach wie vor um Unterstützung kämpfen müsse.

Schon früh hatten die Verantwortlichen beim RFV erkannt, dass politische Lobbyarbeit auch im Pop unabdingbar ist. Eine Erkenntnis, mit der man sich in der Schweiz mancherorts immer noch schwertut. Auf jeden Fall trug die Strategie des RFV letztlich Früchte: 2008 befand die basel-städtische Regierung, der Verein sei eine «hochprofessionelle Organisation» und die «geeignete Institution», um die erwünschten Förderleistungen im Bereich Populärmusik zu erbringen. Und sprach höhere Subventionen. Seither gehört es zum Leistungsauftrag des RFV, nicht bloss die Pop-Szene in der Region Basel zu fördern, sondern auch den Pop als Sparte in der Kulturszene zu etablieren.

Insgesamt erhält der RFV jetzt jährliche Subventionen in der Höhe von 610 000 Franken. Das deutliche Plus an Geldern wurde nicht etwa dazu genutzt, unzählige Bandwettbewerbe zu entwickeln. Stattdessen hat man lieber in die Netzwerkarbeit investiert und Kontakte zu Swiss Music Export, zum Festival m4music oder zur Online-Plattform Helvetiarockt gestärkt. Dank der neuen finanziellen Möglichkeiten hat man 2009 auch den Basler Pop-Preis ins Leben gerufen. Zu den bisherigen Gewinnern der mit 15 000 Franken dotierten Auszeichnung zählen die Art-Pop-Formation The bianca Story oder die Singer/Songwriterin Anna Aaron, die neuerdings mit experimentellen Pop unterwegs ist.

2010 ging der RFV mit dem Fördermodul Basel Music Export an den Start und zeigte Präsenz am Reeperbahn Festival. Mit dem dreimal jährlich ausgeschriebenen RegioSoundCredit richtet man sich an erfahrene Musikerinnen und Musiker, die bereits eine «künstlerisch engagierte, fachkundige Tätigkeit im Bereich Popmusik nachweisen können». Aktuelle Gewinnerin des Beitrags ist die Soulsängerin Ira May, deren Debüt The Spell bis an die Spitze der Schweizer Charts gelangte. Die 26-Jährige nutzte die Fördergelder, um anfangs April erstmals in Deutschland aufzutreten.

Konsolidierung und neue Ideen

«Momentan befinden wir uns in einer Konsolidierungsphase», sagt Schäfer. Im Hinterkopf denkt man jedoch an die Verhandlungen für die nächste Subventionsperiode von 2016 bis 2019. «Dabei treibt uns vor allem das Thema Export um», erklärt er. In der Bildenden Kunst kennt man Werkjahre, Vergleichbares würde sich Schäfer auch für die Populärmusik wünschen. »Eine Dependance im Ausland wäre sinnvoll», sagt er. Dann könnten Bands auch an einem Projekt längerfristig feilen.

Ihm und Fisch ist es wichtig zu betonen, dass ihre Arbeit auf die Anliegen der Vereinsmitglieder abstellt. Diese müssten hinter der Strategie der momentan mit 210 Stellenprozenten dotierten Geschäftsstelle und des ehrenamtlichen Vorstands stehen. Auch deshalb ist für den RFV die Szenenähe essentiell. «Eine unserer Stärken», hebt Fisch hervor. Auf mögliche Schwächen des Modells angesprochen, erläutert Schäfer: «Wir haben im Moment ein sehr vielfältiges, aber auch sehr ressourcenintensives Angebot. Das führt dazu, dass das Entwickeln neuer Visionen tendenziell auf der Strecke bleibt.» Früher habe auch die nationale und internationale Vernetzung des RFV zu wünschen gelassen. «Doch in den letzten vier Jahren hat sich diese zu einer unserer Stärken gewandelt.»

Jetzt gelte es, sich wieder vermehrt um die Newcomer zu kümmern, erklärt Schäfer, «obschon wir das Gefühl haben, dass sich in diesem Bereich weniger tut als vor einigen Jahren.» Als möglichen Grund für diese Entwicklung nennt Fisch das Aufkommen der Casting-Shows und von Formaten wie The Voice of Switzerland. Aufgrund dieser hätten vielleicht viele Junge das Gefühl, solche Gefässe bildeten den einzigen Weg zu einer Musikkarriere. Nicht zuletzt deshalb sinniert der RFV über neue Ideen, wie man den Nachwuchs wieder vermehrt auf den Verein und seine Tätigkeiten aufmerksam machen könnte. Ein möglicher Ansatz: eine Art von Scouting-System.

Auf die bisweilen geäusserte Kritik, die Arbeit des RFV werde ausserhalb Basels gar nicht wahrgenommen, kontern Schäfer und Fisch mit dem Argument, dass wohl noch nie zuvor so viele Musiker mit Basler Wurzeln abseits ihrer Heimat von sich reden machten. Zum Beispiel Anna Aaron, The bianca Story oder die Pop-Eklektiker We Invented Paris. Zufall oder nicht: Sie alle werden oder wurden vom RFV unterstützt. «Natürlich könnten wir versuchen, ein Management oder ein Label in Berlin für eine unserer Bands zu organisieren», sagt Chrigel Fisch, «aber uns ist lieber, sie schaffen das auf eigene Faust. Das beweist, dass sie wirklich den Drang haben, Karriere zu machen.»

Dieser Artikel erschien am 7. Mai 2014 im deutschen Magazin Musikmarkt

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