Krakau nicht nur musikalisch

Eine kleine Gruppe reisefreudiger Leserinnen und Leser weilte vom 10. bis 13. Oktober in der alten polnischen Königsstadt.

Blick von der Terrasse der Krakauer Musikakademie auf die Marienkirche

Neun erwartungsvolle Personen versammelten sich am Abend des 10. Oktober am Flughafen Zürich, um gemeinsam mit Chefredaktorin und Reiseleiterin Katrin Spelinova nach Krakau zu fliegen. Unsere Neugierde auf die im Süden Polens gelegene Stadt mussten wir allerdings bis zum nächsten Morgen aufsparen und uns damit begnügen, nach der späten Ankunft unsere Zimmer im sehr komfortablen und modern eingerichteten Hotel Andel’s zu beziehen.

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Barbakane

Am nebelverhangenen Samstagmorgen holte uns unsere perfekt deutsch sprechende und sehr kompetente polnische Reiseleiterin zu einer ersten Besichtigungstour ab. Sie führte uns zuerst in die nur ein paar Gehminuten entfernte Altstadt, die schon seit 1978 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Vorbei an der Barbakane, einem Verteidigungsbollwerk aus dem 15. Jahrhundert, passierten wir das Florianstor, einziges erhalten gebliebenes Tor der Krakauer Stadtmauer und Beginn des sogenannten Königsweges, der die polnischen Könige über viele Jahrhunderte durch das Stadtzentrum zur Wawelburg führte. Aber der Reihe nach!

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Ecke Florian- und Marienstrasse

Der erste Teil dieses Königswegs und die wohl bekannteste Strasse der Stadt ist die Florianska. Heute ist sie eine lebhafte Fussgängerzone mit zahlreichen Restaurants, Geschäften und Wechselstuben. Stattliche Bürgerhäuser säumen sie und zeugen von einer langen Geschichte.

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Marktplatz mit Tuchhallen

Bald erreichten wir den Hauptmarkt, das eigentliche Zentrum Krakaus im Herzen der Altstadt. Mit seinen beeindruckenden Ausmassen von 200 mal 200 Metern ist er einer der grössten mittelalterlichen Marktplätze Europas. Er wurde bereits im Jahr 1257 in dieser Form angelegt.

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Obwarzanki-Verkaufsstand

Blumenstände unter leuchtend gelben Sonnenschirmen, Gaukler, auf Kunden wartende Fiaker mit aufwendig geschmückten Pferdegespannen, die allgegenwärtigen kleinen blauen Verkaufswagen mit den verlockenden Obwarzanki (ein ringförmiges Hefegebäck), Taubenschwärme und viele gut gelaunte Einheimische und Touristen beleben den Platz und vermitteln eine heitere, fast südländische Atmosphäre vor mittelalterlicher Kulisse. Gleich zwei Wahrzeichen Krakaus sind am Hauptmarkt zu finden: das rot-gelbe Renaissancegebäude der Tuchhallen und die Marienkirche mit ihren zwei unterschiedlich hohen Türmen. In vielen kleinen Holzbuden werden in den Tuchhallen typische Souvenirs wie Bernsteinschmuck, Holzschnitzereien, Keramik oder Tierfelle verkauft. Einen Einkaufsbummel mussten wir allerdings auf später verschieben, denn unsere Führung ging weiter auf dem Königsweg durch die Grodzka-Strasse Richtung Wawel.

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Blick vom Wawel auf die Weichsel

Schloss und Kathedrale liegen auf einem kleinen Hügel direkt am Ufer der Weichsel.

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Wawel-Burg

Im Lauf seiner wechselvollen Geschichte wurde das Schloss immer wieder umgebaut und erneuert. Heute beherbergt die ehemalige Königsresidenz mehrere Museen und ist ein Magnet für alle Besucher Krakaus. Durch einen prächtigen Arkadenhof gelangten wir in die Königsgemächer mit ihren Fresken, hölzernen Decken und wertvollen Wandteppichen aus dem 16. Jahrhundert, die glücklicherweise alle Kriege und Brände überstanden haben. Ganz besonders beeindruckt waren wir von dem Bild Dame mit dem Hermelin, das Leonardo da Vinci im Jahr 1489 als eines von nur vier Frauenporträts gemalt hat. Als wir gegen Mittag das Schloss verliessen, überraschte uns strahlender Sonnenschein, der Nebel hatte sich endlich verzogen. Vor der wohlverdienten Mittagspause stand aber noch die Besichtigung der Wawelkathedrale auf dem Programm. Sie gilt als eines der bedeutendsten Gotteshäuser in Polen. Hier wurden die polnischen Könige gekrönt und viele von ihnen ruhen in riesigen Sarkophagen im Mittelschiff und in der Krypta. Über eine enge Wendeltreppe erreicht man den Sigismundturm mit der 12 Tonnen schweren Sigismundglocke.

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Marienkirche

Unser erstes Ziel nachmittags war die schon erwähnte gotische, zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert erbaute Marienkirche. Der Innenraum verdankt seine besondere Atmosphäre den unzähligen Sternen an der blau bemalten Decke sowie den farbenfrohen Glasfenstern. Die Hauptsehenswürdigkeit ist aber der spätgotische Hochaltar des Nürnberger Bildhauers Veit Stoss. Die grössten Figuren, Krakauer Bürgern nachempfunden, sind 2.7 Meter hoch und wirken überaus lebendig. Kaum zu glauben, dass sie aus Lindenholz geschnitzt sind.

Weiter ging es ins Universitätsviertel. Das Collegium Maius ist das älteste Gebäude der altehrwürdigen Jagiellonen-Universität. Sie wurde 1364 gegründet und ist, nach Prag, die zweitälteste Universität Mitteleuropas. Bis heute ist Krakau eine wichtige Universitätsstadt geblieben und die vielen Studenten und jungen Leute prägen das Stadtbild unübersehbar.

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Adalbertkirche auf dem Marktplatz

Zurück auf dem Marktplatz erwartete uns in der winzig kleinen Adalbert-Kirche, die eine richtige Oase der Ruhe inmitten des bunten Treibens ist, ein Konzert eines Streichquartetts. Das Programm war bunt gemischt, von Mozart, Händel und Vivaldi bis hin zu Gershwin und Filmmelodien. Beim anschliessenden gemeinsamen Abendessen im Restaurant Jarema wurden wir mit polnischen Spezialitäten und Volksmusik verwöhnt und tauschten angeregt unsere Eindrücke dieses sehr interessanten, aber auch anstrengenden ersten Tages aus.

Schon um 8 Uhr stand am Sonntagmorgen unser Bus bereit, der uns zum ebenfalls von der Unesco ausgezeichneten Salzbergwerk in Wieliczka südöstlich von Krakau bringen sollte. Bereits seit dem Mittelalter und bis zur Einstellung des Bergwerksbetriebs im Jahr 1993 wurde hier Salz abgebaut. Die Höhlen und Gänge erstrecken sich über 300 km. Auf einem gut zwei Kilometer langen Rundgang durch diese ganz eigene Welt erfuhren wir viel Wissenswertes über die oftmals gefährliche Arbeit der Bergleute und die Salzgewinnung. Salzseen, Skulpturen, Säle und die grösste unterirdische Kirche weltweit, alles aus Salz, liessen uns staunen.

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Breite Strasse in Kazimierz

Den Nachmittag verbrachten wir in Kazimierz, das früher eine eigenständige Stadt war und jetzt zu Krakau gehört. Die Juden in Krakau genossen einst grosse Freiheiten und ausserordentliche Rechte. Als sie später verfolgt wurden, siedelten sie ins benachbarte Kazimierz über. Die Nazis zerstörten aber die blühende jüdische Kultur und von 60 000 Juden überlebten ganze 4000 den Krieg. Heute ist der Stadtteil mit seinen vielen Restaurants und seiner gegenüber dem Rest der Stadt total anderen Atmosphäre ein beliebtes Ausgehviertel. Bunte, aber kleine und aneinander gebaute Häuser säumen die Breite Strasse, den früheren Marktplatz.

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Alter Friedhof bei der Remuh-Synagoge

Gleich drei bedeutende Synagogen befinden sich hier, darunter die Remuh-Synagoge mit dem dazugehörigen alten Friedhof. Die Besichtigung dieser heute noch aktiv genutzten Synagoge war wohl für die meisten unserer Gruppe eine besondere Erfahrung. Auch der Besuch der verwitterten Grabsteine mit den geheimnisvollen Zeichen und Inschriften auf dem alten Friedhof hinterliess einen tiefen Eindruck. Ein Rundgang durch die engen Gassen und vorbei an weiteren Synagogen und bedeutenden Stätten führte uns schliesslich zum Plac Nowy, dem lebhaften Marktplatz mit zahlreichen Cafés und Bars.

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Das Krakauer Klezmer-Ensemble Sholem

Abends erwartete uns im Restaurant Ariel ein ganz besonderes Erlebnis. Schon die verwinkelten Räume mit unzähligen Bildern an den Wänden sorgten für eine spezielle Stimmung. An einer langen Tafel wurden wir mit einem Degustationsmenü jüdisch-polnischer Köstlichkeiten bewirtet. Ein Höhepunkt der ganzen Reise war dann der Auftritt des Klezmer-Ensembles Sholem. Maciej Inglot am Akkordeon und Tomasz Michalik am Kontrabass sowie die Sängerin und Geigerin Ewelina Tomanek unterhielten uns mit Melodien aus der reichen jüdischen Volksmusiktradition. Sie musizierten so fabelhaft und mitreissend, dass es uns fast nicht mehr auf den Stühlen hielt. Das war ein einzigartiger und gelungener Abschluss dieses Tages.

Als letzte Besichtigung stand am Montagmorgen ein Besuch der Musikakademie auf dem Programm. Ein Absolvent führte uns durch die Räumlichkeiten und berichtete viel Wissenswertes über die Musikerziehung und -ausbildung, die in Polen einen äusserst hohen Stellenwert hat. Die Kinder werden von klein auf gefördert und auf hohem Niveau ausgebildet. Wie schon beim Konzert vom Samstag fiel uns auf, dass die Grenzen zwischen E- und U-Musik in Polen viel fliessender sind als bei uns. Im Prinzip spielen alle alles, wobei auch der Jazz von grosser Bedeutung und im ganzen Land sehr populär ist. Schon im Orgelsaal erhielten wir eine musikalische Kostprobe und am Ende der Führung interpretierte der 25-jährige Pianist Jerzy Owczarz Kompositionen seiner Landsleute Karol Szymanowski und Fryderyk Chopin.

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Fiaker auf dem Marktplatz

Die letzten Stunden reichten gerade noch für eine kurze Abschiedstour, sei es, um im Einkaufszentrum Galeria Krakowska mit seinen 270 Geschäften die letzten Zloty auszugeben oder nochmals über den Markt zu schlendern. Bald wurden wir zum Flughafen gefahren und kamen zwar mit zweieinhalbstündiger Verspätung, aber wohlbehalten wieder in Zürich an.

Unser kurzer Abstecher nach Krakau war eine an Höhepunkten reiche Reise in eine wunderschöne und geschichtsträchtige Stadt, die fast alle von uns zum ersten, vielleicht aber nicht zum letzten Mal besucht haben. Ein besonderes Kränzchen möchte ich nicht nur Katrin Spelinova für ihre umsichtige und kompetente Reiseleitung winden, sondern auch allen anderen, immer gut gelaunten und interessierten Mitreisenden. Es hat grossen Spass gemacht, mit Euch unterwegs zu sein!
 

Die Reise wurde organisiert von

TourIQum Spezialreisen

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