Der Gesellschaft etwas zurückgeben

Die Hochschule der Künste Bern widmete dem Mäzenatentum ein ganztägiges Symposium. Diese Form privater Förderung ist heute aktueller denn je.

Vor über 2000 Jahren ermöglichte der römische Adlige Gaius Maecenas Schriftstellern durch materielle Hilfe ein freies künstlerisches Schaffen. Sein Name steht heute für altruistisch gesinnte, meist sehr vermögende Menschen und Stiftungen, die kulturelle und soziale Projekte unterstützen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Eng verknüpft mit dem Mäzenatentum ist der aus der griechischen Antike stammende Begriff der «Philanthropie » (Menschenliebe).

Aus dem Stiftungsreport von Swiss Foundations, einem wichtigen Dachverband gemeinnütziger Förderstiftungen in der Schweiz, geht hervor, dass 2018 301 Stiftungen gegründet wurden. 195 wurden liquidiert. Das gesamte Stiftungsvermögen beläuft sich auf rund 100 Milliarden Franken. Die Stiftungsdichte liegt bei 15,5 pro 10 000 Einwohner. Damit ist die Schweiz international mit an der Spitze. Gemäss NZZ am Sonntag (online) vom 14. Dezember 2019 belaufe sich die Summe vererbter und verschenkter Vermögen 2020 auf 95 Milliarden Franken. Dies könnte im Förderungssektor einen weiteren Schub auslösen.

Professionalisiertes Gesuchstellen

Felix Bamert, Leiter MA in Musikpädagogik an der HKB und Organisator des Symposiums, zog in seiner Begrüssungsansprache Parallelen zwischen Geld und Musik: «Beides kann bewegen, Energie und Emotionen auslösen.» Diese Einschätzung wurde am Vormittag durch die Hauptreferentin, Philanthropie- und Stiftungsspezialistin und Buchautorin Elisa Bortoluzzi Dubach untermauert. Sie präsentierte eine umfassende Übersicht über das Wesen und die konkreten Ausformungen des Mäzenatentums. Am Nachmittag legten einige bedeutende Schweizer Mäzeninnen und Mäzene ihre persönlichen Überzeugungen dar und berichteten von ihren Projekten.

«Mäzenatisches Fundraising bedeutet eine gezielte Zusammenarbeit mit Mäzeninnen und Mäzenen zur Finanzierung eines Projekts der Zivilgesellschaft, eines Individuums oder einer Non-Profit-Organisation», erklärte Bortoluzzi Dubach. Die Referentin hat sich eingehend mit den Charakteristiken vermögender, potenziell spendewilliger Personen auseinandergesetzt und kommt zur Erkenntnis, dass sich diese gerne für gute Projekte begeistern lassen. Die Qualität spielt eine entscheidende Rolle. Empathie und Vertrauensverhältnis sind ebenso essenziell. Oft ist den Spendenden eine nachhaltige Zusammenarbeit wichtig, und sie erwarten Zuverlässigkeit, Ergebnisse und Einbindung. Wichtige, oft unterschätzte Elemente sind die Dankbarkeit des Empfängers und dessen verantwortungsvolles Management der Ressourcen.

Selbstbewusste Gesuchsteller, die wissen, was sie wollen, und in der Lage sind, ihr Projekt mit Leidenschaft zu vertreten, dessen gesellschaftlichen Mehrwert darzulegen, und die eine Vision, eine Strategie sowie kurz- und langfristige Ziele im Auge haben, sind klar im Vorteil. Die Vorbereitung ist wichtig: Listen mit möglichen Spendern müssen erstellt, Businessplan, Budget und eine Kommunikationsstrategie erarbeitet werden. Auch Alleinstellungsmerkmale des Projekts müssen herausgearbeitet werden ebenso wie Bedingungen, die zur Ablehnung eines Unterstützungsangebots führen müssten.
Zum Aufspüren potenzieller Geldgeber gibt es inzwischen eine ansehnliche Anzahl an Links. Neben Webseiten wie swissfoundations.ch oder fundraiso.ch können auch die Bilanz der 300 Reichsten (viele davon sind philanthropisch tätig) oder wealthx.com (listet Persönlichkeiten mit über 30 Millionen Dollars Vermögen) weiterhelfen.

«Der Mann, der so reich stirbt, stirbt in Schande»

Der Rektor der HKB, Thomas Beck, zitierte in seinem Grusswort einen bedeutenden amerikanischen Mäzen des 19. Jahrhunderts, Andrew Carnegie, der davon überzeugt war, dass reiche Menschen die moralische Verpflichtung hätten, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Diese Einstellung, die auch im obigen Zitat von Carnegie deutlich wird, war auch bei den illustren Gästen zu erkennen. Der Kunstsammler und Stifter Hubert Looser stellte die Frage nach dem Sinn des Geldes: «Wenn man selber gut gelebt hat, ist die Öffentlichkeit dran.» Mit seiner Stiftung unterstützt er weltweit humanitäre Projekte. Die Kunstsammlerin Marlies Kornfeld stellte ihre Nepal-Stiftung für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche vor. Jobst Wagner, Unternehmer, Sammler und Präsident der LARIX Foundation, betonte, dass «Private wieder mehr für unser Land tun müssen». Dabei gehe es nicht nur um die ganz grossen Projekte; es dürften auch «kleine Brötchen» gebacken werden. Elisabeth Oltramare-Schreiber, ehrenamtliches Mitglied verschiedener Stiftungen, sprach von ihrer Leidenschaft fürs Unterstützen und Fördern, dies vor allem auch im Dienst junger, talentierter Musikerinnen und Musiker. «Zum Mäzenatentum gehört die Grossherzigkeit», ist Konrad Hummler überzeugt. Ein Denkmal beachtlichen Ausmasses realisiert der Bankier mit der Aufführung und Einspielung des gesamten Vokalwerks seines Lieblingskomponisten Johann Sebastian Bach. Er gründete dazu die J. S.-Bach-Stiftung St. Gallen. Dieses Projekt startete im Jahr 2006 und wird ihn noch einige Jahre in Beschlag nehmen.

Den Weg von der Musikerin zur Stiftungsdirektorin ging die erfolgreiche Geigerin Kamilla Schatz. Sie entschloss sich vor wenigen Jahren, ihre Musikerinnenlaufbahn aufzugeben, und gründete die Stiftung Pestalozzi Schulcamps.

Dass die meisten Schweizer Philanthropen in der breiten Öffentlichkeit unbekannt sind, hat System. Während in anderen Ländern das Motto gilt, «Tue Gutes und rede darüber», setzt das Schweizer Mäzenatentum auf Zurückhaltung und Diskretion.

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