Glück zum neuen Jahr!

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute gleich auf zwei kurze Kanons, geschrieben zum 1. Januar 1815 resp. 1820.

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Kennen Sie das auch? Von Anfang Dezember bis etwa Mitte Januar wird nahezu jede E-Mail mit den besten Wünschen für die bevorstehenden Feiertage oder das neue Jahr «bekränzt». Oder es flattern mit der guten alten Post Grusskarten von Firmen und Vereinen ins Haus, von denen man in den vergangenen elf Monaten schlichtweg nichts gehört hat. Doch wir sind nicht allein! Schon die Menschen des ausgehenden 18. Jahrhunderts empfanden solche Glückwünsche als «eine wahre Last und in Deutschland besonders höchst pedantisch betrieben. Die gedruckten Neujahrswünsche, welche vor dreißig Jahren sehr stark Mode waren, scheinen nach und nach wieder abzunehmen und zu einem Gegenstand der vertraulichen Sitte oder sinnreichen Eleganz geworden zu seyn» (so jedenfalls Brockhaus’ Conversations-Lexicon von 1817).

Zwei Beispiele einer solchen «sinnreichen Eleganz» finden sich im Œuvre von Ludwig van Beethoven, geschrieben auf die einst gängigen Worte «Glück zum neuen Jahr!». Im ersten Fall handelt es sich um einen imitatorisch gearbeiteten vierstimmigen Satz, einen sogenannten freien Kanon, der am 1. Januar 1815 für den vielfach als Ratgeber und auch sonst bis zuletzt freundschaftlich unterstützenden Baron Johann Baptist von Pasqualati niedergeschrieben wurde (WoO 165). Im anderen Fall ist es ein wirklich dreistimmiger Kanon vom 31. Dezember 1819 für Anna Maria Gräfin Erdödy (WoO 176). Beethoven hatte ihr bereits die Klaviertrios op. 70 (1809) wie auch die Sonaten für Violoncello und Klavier op. 102 (1819) gewidmet. Derartige Kanons, ob nun geheimnisvoll «verschlossen» als Rätselkanon notiert (nämlich einstimmig ohne die zu erratenden Einsatzmarken der Stimmen) oder «offen» (dann mit den Einsätzen, mitunter gar als Partitur ausgeschrieben), gehörten wie auch andere knapp gefasste Sentenzen zu Beethovens Lebzeiten zum «guten Ton» einer musikinteressierten Gesellschaft. Ob sie auch gesungen wurden oder eher als Augenmusik dienten, sei dahingestellt. Bei ihnen verbinden sich jedenfalls gefällige Attitüde und kontrapunktisches Vermögen auf unterhaltsame Weise.


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