Hammerklavier-Sonate

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf seine Hammerklavier-Sonate.

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Einigermassen überflüssig mutet bei dieser Sonate heute der Beiname «Hammerklavier» an. Für welches Instrument sonst sollte sie 1817/18 geschrieben worden sein? Tatsächlich geht er aber auf das Titelblatt der Wiener Erstausgabe von 1819 zurück, bei der Beethoven selbst nicht länger die traditionelle, aus dem Italienischen stammende Besetzungsangabe dulden wollte: «... daß hinführo auf allen unsern Werken, wozu der Titel Deutsch, statt piano-Forte Hammerklawier gesezt werde.» Dass mit dieser Angabe bereits zwei Jahre zuvor die Sonate A-Dur op. 101 im Druck erschienen war, hat die Nachwelt nicht wahrgenommen oder wahrnehmen wollen. Möglicherweise spricht aus der Verwendung des Beinamens aber auch der Respekt vor einem Werk, das wegen seiner spieltechnischen Anforderungen und der ausgreifenden formalen Dimension für lange Zeit als unspielbar galt – oder in den Worten von Daniel Barenboim: «Die Hammerklaviersonate wird nicht leichter, wenn man sie nicht spielt.»

Zu diesem Respekt hat zweifelsohne auch die missverstandene Metronomisierung des Kopfsatzes beigetragen (Halbe = 138), durch die das vorgegebene Tempo bei üblicher Lesart verdoppelt würde (eine Einspielung von Artur Schnabel aus dem Jahre 1935 zeigt die musikalische Absurdität einer solchen Realisierung auf, ein lesenswerter Essay von Johann Sonnleitner in der Neuausgabe der Wiener Urtext Edition sorgt indes für mehr Klarheit in der Sache). Franz Liszt jedenfalls ging noch davon aus, dass die Aufführung der gesamten Sonate «fast eine Stunde dauern» würde – mit seiner eher nachdenklichen Interpretation benötigte Glenn Gould immerhin knapp 50 Minuten. Die mit dieser Spieldauer verbundene, bis dahin unerhörte Monumentalität schwebte Beethoven freilich von Anfang an vor: «Jetzt schreibe ich eine Sonate, welche meine größte seyn soll» (so in der Überlieferung durch seinen Schüler Carl Czerny). Die klanglich weit über die Möglichkeiten des Instruments hinausgehende Anlage des Werks veranlasste übrigens 1925/26 Felix Weingartner zu einer Fassung für grosses Orchester.

 


SMZ – Die genannte Neuausgabe der Sonate ist mit der Verlagsnummer UT 50432 in der Wiener Urtext Edition erschienen. Karl-Andreas Kolly hat sie für die Schweizer Musikzeitung besprochen: zur Rezension



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