«Gassenhauertrio»

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf das Trio für Klavier, Klarinette und Violoncello B-Dur, das sogenannte «Gassenhauertrio».

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

In einer Zeit, in der man sich ausser Haus eher Minipods in die Ohren steckt, als selbst einmal eine Melodie summt oder pfeift, ist das schöne Wort «Gassenhauer» längst aus der Mode gekommen. Wird die Beliebtheit einer Musik heute durch Charts ermittelt, so wurde früher darüber mit den Füssen, genauer: auf der Strasse abgestimmt, nämlich indem man den «Ohrwurm» aufnahm und weitertrug. Auch Komponisten griffen in den Jahrzehnten um die Wende zum 19. Jahrhundert solch gängige Melodien gerne auf, schrieben darüber vielerlei Veränderungen (meist für Klavier) und wurden dafür von Verlegern gut bezahlt. Joseph Gelinek (1758–1825) war in dieser Hinsicht zu seiner Zeit der unumstrittene «Variationen-König». Beethoven indes nahm sich eines Schlagers immer besonders gründlich an.

Selten nur sind derartige Variationen in einem kammermusikalischen Kontext zu finden, so wie im Finale des mit Klarinette (statt Violine) besetzten Klaviertrios B-Dur op. 11. Als Thema liegt hier mit «Pria ch’io l’impegno» eine Melodie aus der Oper L’amor marinaro ossia Il corsaro (Der Korsar oder Die Liebe unter den Seeleuten) von Joseph Weigl (1766–1846) zugrunde, die erstmals am 15. Oktober 1797 im Wiener Burgtheater über die Bühne ging. Doch war es in diesem Fall wohl nicht allein die eingängige Musik, die zur raschen Verbreitung beitrug, zumal sie aus keiner Arie oder Canzonetta stammt, sondern aus einem Terzett (zu Beginn des II. Aktes) zwischen dem Kapitän, seinem Diener Pasquale und Cisofautte, einem Kapellmeister, der für sich klare Prioritäten setzt: «Doch eh ich noch jetzund / als Meister mich zeige / muss ich erst essen. / Dann werden sie sehen / wie viel ich vermag. / Wenn von der Höhe / bis in die Tiefe / mein hohler Magen / so hell ertönt.» Der Volksmund ist mit «Ein leerer Magen kann nicht gut springen» nicht allzu weit davon entfernt.

Nicht ganz ein «Evergreen», hat das «Pria ch’io l’impegno» doch zahlreiche Zeitgenossen zu Variationen, Fantasien oder noch mehr inspiriert – neben Werken von Joseph Eybler, Johann Nepomuk Hummel, Joseph Wölfl und Friedrich Kalkbrenner findet sich von Nicolò Paganini gar eine Sonata con Variazioni op. 29 für Violine mit Orchesterbegleitung. Und noch 1832 veröffentlichte ein gewisser H. W. Stolze aus Celle eine Folge von Variationen für Klavier und Violoncello op. 6. Überlebt hat Weigls Melodie dennoch nur in Beethovens Komposition – die nun ihrerseits (und nicht ganz zutreffend) als «Gassenhauer-Trio» bezeichnet wird.

Unter einem etwas veränderten Opern-Titel wurde das Libretto (italienisch/deutsch) 1798 auch in Dresden veröffentlicht, der «Gassenhauer» findet sich auf S. 118/119 (Scan 122/123). Link zum Libretto.
 


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