Sinfonie Nr. 5

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die Sinfonie Nr. 5 in c-Moll.

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Es muss eigentümlich berühren, dass Beethoven zeitgleich zur 4. Sinfonie an einer weiteren Komposition arbeitete, mit der er ganz andere, neue Ausdruckssphären eröffnete. Denn die 5. Sinfonie erhebt sich geradezu über die bisherige Gattungstradition, und dies gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen erweitert Beethoven im Finale die Besetzung des Orchesters, was ihm in einem Brief an Graf Franz von Oppersdorff (dem die 4. Sinfonie gewidmet ist) durchaus einer Erwähnung wert war: «Das letzte Stück der Sinfonie ist mit 3 Posaunen und flautino Piccoloflöte – zwar nicht 3 Pauken, wird aber mehr Lärm als 6 Pauken und zwar besseren Lärm machen.» Zum anderen werden formal Scherzo und Finale miteinander verknüpft, so dass das Scherzo mit seiner schattenhaften Überleitung zum strahlenden C-Dur des letzten Satzes wie eine überdimensionierte Einleitung wirkt. Beethoven wiederholt diesen verblüffenden Effekt nochmals zu Beginn der Reprise, was selbst Louis Spohr, der dem Werk ansonsten mit Zurückhaltung begegnete, tiefen Respekt abnötigte: «Der letzte Satz mit seinem nichtssagenden Lärm befriedigt am wenigsten; Die Wiederkehr des Scherzos darin ist jedoch eine so glückliche Idee, daß man den Componisten darum beneiden muß. Sie ist von hinreißender Wirkung!» Zum dritten ist es die Radikalität, mit der Beethoven den Kopfsatz beginnt: nicht mit einer langsamen Einleitung, nicht mit einer ausformulierten thematischen Gestalt, sondern eben nur mit einem aus zwei Tönen und vier Noten bestehenden Urmotiv, dessen Bewegungsimpuls bereits im zweiten Takt von einer Fermate gestoppt wird, das aber in nahezu jedem Takt des Satzes präsent ist.

Doch Beethoven trug mit dieser Sinfonie nicht nur ein neuartiges Konzept in die Musik, sondern beschritt mit ihr auch den Weg von der Wiener Klassik hin zur musikalischen Romantik. E. T. A. Hoffmann erkannte dies bereits in seiner 1810 in der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung erschienenen richtungweisenden Besprechung des Werkes: «So öffnet uns auch Beethovens Instrumental-Musik das Reich des Ungeheueren und Unermesslichen. Glühende Strahlen schiessen durch dieses Reiches tiefe Nacht, und wir werden Riesenschatten gewahr, die auf- und abwogen, enger und enger uns einschließen und alles in uns vernichten, nur nicht den Schmerz der unendlichen Sehnsucht …. Mozart nimmt das Übermenschliche, das Wunderbare, welches im innern Geiste wohnt, in Anspruch. Beethovens Musik bewegt die Hebel des Schauers, der Furcht, des Entsetzens, des Schmerzes und erweckt jene unendliche Sehnsucht, die das Wesen der Romantik ist. Beethoven ist ein rein romantischer (eben deshalb ein wahrhaft musikalischer) Komponist

Dass die hier beschriebene Erhabenheit für Beethoven mit harter Arbeit verbunden war, zeigt das Autograf mit seinen zahlreichen Streichungen und Revisionen. Leonard Bernstein hat das 1954 in einer legendären Fernsehsendung eindrücklich vorgeführt. Link zum Video. Mit diesen Einblicken auf Beethoven Schreibpult lässt sich dann auch der vielgehörte Kopfsatz neu erleben.
 


Das Autograf der 5. Sinfonie befindet sich in im Besitz der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und lässt sich online durchblättern (die verschiedenen Streichungen am Ende des Kopfsatzes finden sich auf S. 82–86). Link zum Autograf.


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