Vom Bündnerland in die Welt und zurück

Corin Curschellas feiert ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum mit einer speziellen Box: vier CDs und zwei Bücher.

Corin Curschellas. Foto: Daniel Infanger

Corin Curschellas ist trotz ihrer langen und erfolgreichen internationalen Karriere in der Schweiz erstaunlich unbekannt geblieben; für den einheimischen Massengeschmack war sie wohl immer zu eigenwillig und sperrig. Zudem hat sie selber die öffentliche Aufmerksamkeit nie gesucht, die Musik war ihr stets wichtiger als der Erfolg. Die Grande Dame der Schweizer Musikszene feiert nun ihre 50-jährige Bühnentätigkeit mit einer Box, die nicht nur für alte Fans, sondern auch für ein neues Publikum interessant ist. Compact Discs sind zwar inzwischen bereits ein historisches Format, das schön gestaltete Kartonetui mit vier CDs und zwei Büchern fasziniert aber als Objekt über die Musik hinaus. So machen CDs durchaus noch Sinn, weil die Box viel lesenswerte Information beinhaltet: alle Songtexte, die rätoromanischen sogar mit Übersetzung, beteiligte Interpretinnen und Texter, eine vollständige Diskografie und kurze Texte von Corin, Weggefährtinnen und Weggefährten, die stimmige Impressionen zur Person und zum Werk liefern. Die Bücher sind grafisch überaus ansprechend gestaltet und ergänzt mit reichem Fotomaterial. Dieses allein lohnt schon die Anschaffung.

Die sechzig Stücke auf den vier CDs stammen aus Curschellas Soloalben aus den Jahren 1990 bis 2010, ergänzt durch neue Aufnahmen von 2022. Erfreulicherweise wurden nicht einfach alte Alben neu aufgelegt, sondern die Songs sehr sorgfältig ausgewählt und in neuer Reihenfolge zusammengestellt. So erscheinen sie in einem anderen Kontext und man hört sie, auch wenn man sie schon kennt, plötzlich wieder ganz neu. Dabei kommen zwei Dinge deutlich zum Vorschein: Einerseits die sprachliche und musikalische Vielseitigkeit der Schöpferin. Die Texte sind in Rumantsch, Mundart, Deutsch, Englisch und Französisch verfasst und Corin beherrscht das Singen in allen Sprachen. Auf der anderen Seite zeichnet sich ihr Lebensweg sehr schön ab in den Aufnahmeorten: vom Bündnerland nach Zürich, Berlin, Wien, Paris, London bis nach New York und wieder zurück in die Surselva.

Ein weiteres Merkmal von Curschellas Schaffen ist ihre Gabe, sich mit den besten Leuten zu vernetzen, sei es für die Texte oder auch für die Aufnahmen. Die Liste der Texterinnen und Musiker ist beeindruckend: in der Schweiz – unter vielen anderen – Heiri Känzig, Christy Doran, Max Lässer oder Co Streiff, in Wien das Vienna Art Orchestra mit Mathias Rüegg, in Paris Noël Akchoté und Steve Argüelles, in New York Marc Ribot, Robert Quine, J. T. Lewis oder Greg Cohen, alles renommierte Grössen ihres Fachs. Stilistisch pendeln die Stücke zwischen Jazz, Experimental, Worldmusic bis hin zum Chanson. Curschellas verliert sich in dieser unglaublichen Vielseitigkeit aber nicht in Beliebigkeit, sondern schafft es immer, ihren Songs eine ganz eigene und persönliche Note zu geben.

In den letzten 15 Jahren hat sich Corin vor allem mit dem rätoromanischen Volkslied befasst, was bei Publikum und Presse sehr gut angekommen ist. Darob ging etwas vergessen, dass sie auch eine grosse internationale Karriere gemacht und die Schweiz in die Welt getragen hat – und die Welt zurück in die Schweiz. Die wunderbare Box führt es deutlich vor Augen.Corin Curschellas: Collecziuns 1990–2010 + 2022 Her Songs, Tourbo Music TOURBO068

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