Beat Santschi

Beat Santschi, Zentralsekretär des Schweizerischen Musikerverbandes SMV, antwortet auf die Fragen der Schweizer Musikzeitung.

Wie geht es Ihnen und dem SMV nach diesem Jahr?

Dem SMV geht es den Umständen entsprechend gut. Den Mitgliedern weniger. Ich werde langsam zum Zoombie. Das Problem ist, dass die Krise noch nicht vorüber ist. Es zehrt schon sehr an den Kräften. Aus heutiger Sicht erscheint mir die Verbandsarbeit früherer Jahre geradezu paradiesisch gemütlich.

Was ist für Sie besonders einschneidend an der Corona-Zeit?

Während der Liveperformance-Sektor seit einem Jahr faktisch oder praktisch unter einem Berufsverbot leidet und die Betroffenen nur dank permanentem Kampf mit den Behörden mehr schlecht als recht über die Runden kommen, macht die Tonträgerindustrie im Streaminggeschäft Rekordgewinne, die den Musikerinnen und Musikern nach wie vor grösstenteils vorbehalten werden.

Sehr positiv war und ist die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden, auch der Veranstalter, in der Taskforce Culture sowie mit dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund zugunsten des gesamten Kultursektors. Auch die internationale Solidarität im Rahmen der Fédération Internationale des Musiciens wurde durch die Krise noch zusätzlich gestärkt, trotz beispielloser Schwierigkeiten in vielen Ländern.

Wie verändert die Corona-Zeit Ihrer Meinung nach den Musikerberuf und Ihren Verband?

Je länger die Krise dauert, desto mehr freischaffende Musiker und Musikerinnen werden sich beruflich anders ausrichten (müssen). Eine Umfrage unserer englischen Schwestergewerkschaft ergab, dass 40 Prozent ihrer Mitglieder daran denken, den Musikerberuf aufzugeben. Eine Umfrage der Taskforce Culture Romande kommt für die Westschweiz zu einem ähnlichen Resultat. Den damit einhergehenden Verlust an kultureller Vielfalt wieder zu kompensieren, wird eine Herkulesaufgabe sein.

Glücklicherweise hat der SMV bisher keinen Mitgliederschwund zu beklagen, im Gegenteil. Doch die langfristigen Auswirkungen der Krise lassen sich noch nicht abschätzen. Wir hoffen natürlich, dass die zu erwartenden Steuer-Mindereinnahmen der Kantone und Kommunen nicht auf dem Rücken der Kultur kompensiert und langfristig zu Problemen für unsere Orchester werden.

Welche Frage möchten Sie dem Bundesrat stellen oder was wünschen Sie sich von ihm, damit die Musikszene wieder auflebt?

Ob er Pläne zur Revision der Sozialversicherungen hat, nachdem sich deren Lücken für die Kulturschaffenden in der Krise eklatant gezeigt haben. Die Frage habe ich BR Berset schon gestellt. Die Antwort war enttäuschend. Die eines Tages zu erwartende Wiedereröffnung der Kulturbetriebe soll nicht an starre Zahlen gekoppelt sein, sondern sich – wie im «Basler Modell» aufgezeigt – flexibel an den örtlichen Begebenheiten und vorhandenen Schutzkonzepten orientieren.